Category Archives: Los Angeles

Schwalbe fliegt nach – 12 in 12 in der NZZ

Der nächste Beitrag aus der Serie: Schwalbe fliegt nach… in der NZZ ist erschienen. Klickt hier drauf, um den Artikel zu lesen. Für die NZZ bzw. NZZ Bellevue nehme ich Objekte und Zeichen unter die Lupe, die für die locals alltäglich erscheinen, dem Besucher aber ins Auge springen. Daraus soll eine Art Atlas des Corporate Designs von zwölf Weltstädten und Stadtkulturen entstehen. Diese Episode beschäftigt sich mit Los Angeles. Wie immer auch hier auf Trendengel sind die Fotos von mir selber geschossen und exklusiv. Viel Spass.

Hier nochmals der ganze Link, falls ihr lieber so klickt:
Genau hier drauf klicken, um zur NZZ-Seite zu gelangen.

12 in 12 – Städterating Los Angeles

Der letzte Eintrag aus Los Angeles. Der Moment, die Stadt zu bewerten, ist gekommen.

Ein Monat ist nicht viel Zeit, doch genug, um einen Eindruck zu gewinnen, wie eine Stadt tickt. Deshalb haben wir ein Städterating erarbeitet, das sich von den gängigen Modellen der Mercers dieser Welt unterscheidet. Wir achten weniger auf das Bildungssystem, das politische Umfeld und das Gesundheitssystem, sondern mehr auf Faktoren, die eine Stadt einzigartig machen. Das Rating in neun Kategorien geht von 1 (schlecht) bis 10 (grandios) und spiegelt unser rein subjektives Empfinden:

Die Leute: 7

Die Leute in LA sind extrem freundlich und entgegenkommend. Für ein kurzes Gespräch sind sie immer gerne zu haben. Manchmal fehlt es etwas an Tiefe, doch manchmal finde ich gerade das sehr angenehm…manchmal.

Kulturelles Angebot: 9

Wem es hier langweilig wird, der ist selber Schuld. In Sachen Musik und Film gibt es wohl kaum eine bessere Stadt und auch Kunst und Theater sind hier gut vertreten. Dazu kommen unzählige schräge Events, die es nur in L.A. gibt.

Food: 9

Los Angeles steht ganz oben, wenn es um das kulinarische Wohl geht. Besonders wenn es um Street- oder Fast-Food geht ist die City of Angels nicht zu schlagen.

Preisniveau: 6

Los Angeles ist eine günstige Stadt, wenn man sie mit anderen entwickelten Metropolen vergleicht. Hier kann man für 10 Dollar super essen und zwar jede erdenkliche Küche auf allerhöchstem Niveau.

Öffentlicher Verkehr: 3

Ohne Auto ist man hier ziemlich aufgeschmissen. Zwar gibt es Metro und Busse und wird bald auch nochmals kräftig in den ÜV investiert. Doch auch danach wird es nicht Moskau oder Tokio sein. Wer ein Auto hat (und das hat fast jeder) und nicht allzu grosse Distanzen zurücklegen muss, für den ist L.A. allerdings sher angenehm zu navigieren. Es macht Spass, hier mit dem Auto unterwegs zu sein (falls man der Rush Hour entwischt).

Wetter/Klima: 10

Es gibt Untersuchungen, die sich mit dem besten Klima auf diesem Planeten beschäftigen. Los Angeles steht dabei immer ganz oben auf der Liste. Bei mir auch. Es gibt kein angenehmeres Klima als in L.A. Warm am Tage und etwas kühler in der Nacht. Dazu die kalifornische Sonne, die wirklich immer scheint.

Sicherheit: 8

Der Ruf von L.A. ist schlechter als die Realität. Mir ist in L.A. noch nie auch nur annähernd was passiert. Die Stadt ist total sicher. EInige Gegenden sollte man vielleicht meiden. Doch das ist ja wohl überall so.

Fun/Feel-Good-Factor: 9

Der Vibe in dieser Stadt ist unschlagbar. Mein Stimmungsbarometer steigt ins Unendliche, sobald ich hier ankomme. Alles ist locker, der Californian Lifestyle ist kein Werbeslogan, sondern existiert wirklich und ist einfach ansteckend.

Coolness/Kreativität: 8

Los Angeles ist für mich der Trendsetter in den USA schlechthin. Hier sitzen die Kreativen des Landes und das merkt man. Die Mischung aus Retro und Neu passt ganz genau,

Gesamtergebnis: 69 Punkte

Das ist zusammen mit Tokio der Spitzenplatz,
Hier die Übersicht:

12 in 12 – Los Angeles – Ein kleiner Reiseführer

Los Angeles ist eine der spannendsten, wenn nicht gar die spannendste Stadt überhaupt, wenn es um Food geht. Doch bevor ich Euch die besten Tipps für den Magen verrate, noch was Anderes. Scheut euch nicht davor, mal Ferien nur in Los Angeles zu machen. Vergesst San Francisco und die Fahrt auf dem Highway Nr 1. Los Angeles bietet alles und noch viel mehr. Und in Los Angeles bitte nicht den Anfängerfehler begehen und in Santa Monica übernachten. Mietet Euch eine Wohnung in Silver Lake, dem coolsten Stadtteil der Stadt.

Hier die Food-Tipps:

Porto’s Bakery

Als die Porto-Familie 1960 aus Kuba nach Los Angeles kam, hätten sie sich nicht träumen lassen, dass sie mal ein Imperium an Bäckereien führen würden, die von allen neidlos als die besten der Stadt anerkannt werden. Ob das Cuban Sandwich, die Dulce de Leche Kekse, den Cheesecake, den Guava-Strudel, die Florentiner oder der Kaffee – bei Porto’s schmeckt alles sowas von lecker. Die Filialen sind übrigens alle auf der “anderen” Seite des kleinen Hügels namens Hollywood Hills. Früher wars da mal uncool. Das war früher…

In-N-Out-Burger

Von In-N-Out-Burger hab ich euch ja schon vorgeschwärmt. Immer alles frisch, nichts aus der Dose oder tiefgefroren. Für mich der perfekte Burger. Bestellt den Double-Double mit grilled onions und seit sprachlos, wenn ihr dafür weniger als 4 Dollar bezahlt. Wer ganz mutig ist, der bestellt Fries Animal Style. Ist nicht auf der Karte – doch versucht es einfach.

Katsu-Ya Sushi

Los Angeles kann es mit Tokio aufnehmen, wenn es um Sushi geht. Wenns um Sushi-Rolls geht, ist Los Angeles gar einen Schritt voraus. Mein Liebling ist Katsu-Ya und zwar der am Ventura Boulevard in Studio City. Der Lunch Special ist unschlagbar und Crispy Rice und Popcorn Shrimps ein Genuss.

Guerilla Tacos

Einer der besten Food-Trucks neben Kogi ist Guerilla Tacos. Hier werden mexikanische Tacos neu erfunden. So kreativ und alles extrem frisch. Jakobsmuscheln auf dem Taco? Kein Problem. Sweet Potatoes and goat cheese? Yummy. Frisch gefangener Schwertfisch? Voila.

Sqirl

Das Ricotta Brioche von Sqirl ist to die for. Auch der Crispy Rice und der French Toast dürfen sich sehen lassen. Einer der ersten Vertreter der farm to table Bewegung ist noch immer ganz oben auf meiner Liste.

Baco Mercat

Baco Mercat in Downtown LA hat vor einigen Jahren mal den Preis des Trendengel-Restaurants des Jahres gewonnen. An der Qualität der Bacos hat sich nichts geändert. Einfach top.

 

 

 

12 in 12 – Comedy of Errors

Es ist kurz nach neun Uhr Abends am Sunset Boulevard mitten in Hollywood. Gleich fängt im legendären Comedy Store die Late Show an. Der Laden ist sowas wie das Wembley Stadion der Stand-Up-Comedians. Seit bald 50 Jahren tritt hier auf, was Rang und Namen hat. Der Comedy Store hat die Karriere von Chevy Chase, Chris Rock, Jerry Seinfeld, Amy Schumer, Martin Lawrence, David Letterman, Eddie Murphy, Robin Williams und vielen anderen lanciert.

Heute Abend stehen gleich 5 Superstars auf dem Programm und das alles für gerade mal 20 Dollar. Margaret Cho, Dane Cook, Kevin Nealon, Mark Maron und Tom Green alle in der selben Show. Ein ganz normaler Abend im Comedy Store. Tom Green? Echt? Das kann doch nicht sein, sagt ihr jetzt bestimmt. Doch, das kann sein. Es ist tatsächlich Tom Green, der Tom Green. Der Tom Green? Der Groschen vielleicht doch nicht gefallen? Dann helfe ich Euch gerne etwas nach.

Ende der neunziger Jahre war Tom Green ein Superstar – auch bei uns. Auf MTV (damals war MTV noch relevant) hatte er die Tom Green Show, in der er lustige Streiche spielte und hier und da mal einen Schritt zu weit ging. Der Vorgänger und das Vorbild von Jackass & Co,  Der Feind aller Eltern und der Held aller Unangepassten…zwischen Peinlichkeit und Genie (keine Ahnung, wie ich mich damals krumm lachen konnte).  Danach heiratete Green kurzerhand die Schauspielerin Drew Barrymore, liess sich nach nur einem Jahr wieder scheiden und war spätestens 2001 seit dem Film “Freddy Got Fingered”….endgültig weg vom Fenster.

Endgültig? Nicht ganz. Da steht er nun wieder auf der Bühne im Comedy Store. 45 Jahre alt, unverheiratet, keine Freundin und keine Kinder. “Ja, ich weiss ich bin alt. Doch dann brauch ich wenigstens keine Angst davor zu haben, dass ich jung sterbe” sagt er, und ich weiss nicht genau, ob ich lachen soll oder nicht.

“Kinder? Dann hab ich schon lieber einen Hund. Wenn ich mit dem Auto aus der Garage fahre und aus Versehen den Hund aus  überfahre, dann sammel ich den Hund einfach auf, stecke ihn in eine Plastiktüte und rein in die Mülltonne. Danach gehe ich wieder zur Tagesordnung über, als ob nichts geschehen ist. Wenn mir das Gleiche mit einem Kind passiert, dann muss ich zumindest ein paar Formulare ausfüllen (then there is paperwork involved)”. Krass findet ihr? Ich finde das lustig…

So ist die amerikanische Stand-Up-Comedy. Immer die Grenzen ausloten. Political correctness wird im Comedy Store vor der Tür gelassen.recht so.

“Vor den Wahlen hatten so viele Amerikaner gesagt: Wenn Trump gewinnt, dann ziehe ich nach Kanada.” Wie habt ihr Euch das eigentlich gedacht? Einfach nach Kanada ziehen? Das ist ein anderes Land!!! Das ist genau so, als ob jemand von Mexiko in die USA zieht. Das geht nicht einfach so. You are the fucking Mexicans now!!!!

Tom Green mag zwar nicht mehr den Madison Square Garden füllen wie Dane Cook, keine Sitcom im TV haben wie Kevin Nealon und Mark Maron. Doch ihm zuzuschauen ist ein Genuss bzw. ein Guilty Pleasure. Im Comedy Store ist die Welt noch in Ordnung. Hier wird zwei Stunden nonstop gelacht. Auf der Bühne stehen Vollprofis, die nicht so peinlich sind wie Möchtegern-Comedians  unserer Breitengrade Bülent Ceylan, Oliver Pocher und Andreas Thiel.

In Los Angeles gibt es Comedy Clubs wie Sand am Meer. Jeden Abend steigen im Comedy Store, der Laugh Factory, im Improv, im Groundlings, im UCB und im Icehouse zwischen 2 und 5 Shows. Jeden Abend. Egal ob alleine oder in der Gruppe. Hier kommt man auf andere Gedanken und manchmal ist das genau das, wonach man sucht.

Ich war übrigens vier Mal in einem Monat im Comedy Store. Eine Neuentdeckung möchte ich Euch nicht vorenthalten. Iliza Schlesinger. Statt erzählen, wie gut sie ist, hier ein Video:

Und hier ein Flashback zur Tom Green Show (ich habe Euch gewarnt):

 

 

12 in 12 – The 14th Factory

Ein verlassenes Lagerhaus in Lincoln Heights, nur wenige Kilometer von Downtown Los Angeles entfernt und dennoch kurz vor dem Zerfall. Die Strassen sind leergefegt und die Gegend ist nicht ganz koscher.

Doch hinter der Tür des Lagerhauses verbirgt sich die beeindruckendste Kunstausstellung, die ich je gesehen habe: 14th Factory von Simon Birch und einer Kollektive von 20 Künstlern, darunter Gary Gun, Doug Foster und Paul Kember. Videoinstallationen, Skulpturen und Bilder, die die Sinne anregen. Ich komme aus dem Staunen kaum noch raus.

Das Ganze ist als Kommentar zu einem Moment in unserer Geschichte, in dem wir so nahe wie noch nie an einem grossen Desaster stehen, zu sehen. Sei es der Umgang mit uns selbst, die Interaktion mit der Welt, die Gewalt, der wir ausgesetzt sind, psychischer oder physischer Art oder die Hilflosigkeit angesichts der Übermächtigkeit der Ungewissheiten – das alles spürt man, wenn man in der 14th Factory steht.

Ich bin überwältigt, als ich mich durch die oft dunklen Räume bewege. Tausende von Gedanken schiessen mir durch den Kopf. Ich bin Neugierig und zögerlich zugleich, fasse Mut, habe Respekt, frage antworte und hinterfrage dann die Antwort.

Ein Autounfall, streitende Arbeiter, Stanley Kubrik, Körper, Gebäude, Höhen und Tiefen, Gigantismus, Bewegung und Stillstand sind nur einige Stichworte. Ich will die einzelnen Werke gar nicht im Einzelnen Beschreiben – auch ein Paar Bilder können nicht erklären, was man hier spürt,

Doch für mich ist das moderne Kunst in seiner Vollendung. Kein simples Abbild der Realität, sondern Inspiration mit einer klaren Handschrift. Bravo.

Ich fühle mich wie in einer Mischung aus Eyes Wide Shut und The Shining. Hier ist alles möglich und zwar in jedem Moment.

Ich bin verwirrt, erleuchtet, traurig, glücklich und ratlos. Was passiert hier gerade mit mir?

Das Projekt soll keinen Gewinn machen. Kunst wird hier keine verkauft. Solange die Leute kommen und das Geld reicht, wird die 14th Factory am Leben bleiben. Wenn alles gut geht, ist das noch bis Ende November.

SImon Birch dreht über die 14th Factory und die Themen drum herum einen Dokumentarfilm, auf den man gespannt sein darf. Ich kann es kaum erwarten.

Das grösste Kunsterlebnis, das ich je hatte. Danke, Simon Birch.

Eine etwas fundiertere Erklärung der 14th Factory als die meine kriegt ihr hier:


 

12 in 12 – All fear was gone

Ich habe in meinem Leben so einige Vorbilder gehabt. Mache habe ich noch immer. Eines davon ist der Maler und Regisseur David Lynch. Filme wie Blue Velvet, Lost Highway und Wild At Heart haben meine Jugend geprägt und seine Kunst löst bei mir so viele Emotionen aus.  So nahe wie im neuen Dokumentarfilm; David Lynch: The Art Life, der hier in Los Angeles gerade im Kino läuft, war ich ihm jedoch  noch nie.

Ein Zitat des grossen Malers und Regisseurs aus dem magischen Film ist mir besonders geblieben:

“Als ich zum ersten Mal in Los Angeles die Sonne Kaliforniens gesehen habe, hat mich alle Angst verlassen”.

Das war 1970, als er Lynch ein Stipendium am Center for Advanced Film Studies in Los Angeles erhielt und aus dem grauen Philadelphia nach Kalifornien kam. Seither lebt und arbeitet Lynch in Los Angeles.

Es hört sich etwas pathetisch an. Doch genauso wie Lynch geht es mir auch immer, wenn ich in Los Angeles ankomme. Sobald ich die Sonne sehe, verliere ich meine ganze Angst. Es gibt kein schöneres Gefühl, als alle Angst zu verlieren. Das nenne ich dann Freiheit.

12 in 12 – Donnie Darko (nicht erklärt)

 

Es gibt Filme, die an der Kinokasse durchgefallen sind, aber dennoch eine riesige Fangemeinde haben. Donnie Darko ist ein Solcher. Vor 15 Jahren kam Donnie Darko in die Kinos. Für mich einer der coolsten Filme aller Zeiten. Jetzt hatte ich die Gelegenheit, im wunderschönen Vista-Theater in Los Angeles, eine Aufführung mit dem Regisseur Richard Kelly und einem Teil der Schauspieler zusammen anzuschauen.
Zwar war Kelly auch dieses Mal nicht bereit, zu erklären, worum es im Film genau geht. Doch das hätte ich auch nicht gewollt. “Es geht um das Ende der Reagan-Zeit” – mehr ist aus ihm nicht rauszuholen.

Wer sich nicht mehr an Donnie Darko – übrigens die erste richtige Rolle von Jake Gyllenhaal – erinnert, hier ist eine Synopsis:

Die Handlung spielt im Oktober des Jahres 1988. Donnie Darko ist ein intelligenter und kreativer, aber psychisch labiler Teenager, der mit seinen Eltern, einer älteren und einer jüngeren Schwester in einer Kleinstadt in Middlesex, Virginia, lebt. Er wird von einer Psychiaterin in Sitzungen und mit Medikamenten behandelt. In der Nacht des 2. Oktober stürzt das Triebwerk eines Flugzeuges auf das Haus seiner Familie und trifft Donnies Zimmer. Er überlebt nur deshalb, weil ihm in der Nacht zuvor ein Wesen namens „Frank“ in einem Hasenkostüm erschienen ist. „Frank“ hatte Donnie dazu gebracht, das Haus zu verlassen.

Wer jetzt immer noch nicht weiss, wovon ich spreche – hier ist der Trailer:

Und wenn ihr jetzt immer noch nicht wisst, was Sache ist….WATCH THE MOOOOOOOVIEEEEEE!!!

Der Saal war übrigens bis zum letzten Platz ausverkauft. Einige der Zuschauer hatten ihr Hasenkostüm mitgebracht…only in L.A.

12 in 12 – Die Weltmeister des “Shitty” Customer Service

Ich hatte schon fast vergessen, wie nervenaufreibend es damals war, als ich nach New York gezogen bin und versucht habe, die Infrastruktur in meiner kleinen Wohnung im Village aufzubauen. Ich weiss nicht, wie lange ich damals mit dem Internet-Anbieter Time Warner an der Strippe war – doch insgesamt waren es Tage und keine Stunden. Traumatische Erlebnisse…

Ich kenne sie mittlerweile alle, die Kundendienstzentren dieses Landes, in deren Telefondschungel man hilflos umherirrt und von einem Band zum anderen verwiesen wird, um im Endeffekt erfolglos wieder aufzulegen. Doch wie gesagt, ich hatte sie fast vergessen oder besser gesagt verdrängt, diese Erlebnisse. Bis heute.

Silverlake, Los Angeles. Im Mietwagen auf dem Weg in unsere Wohnung. Da versagt plötzlich die Gangschaltung des automatischen Getriebes. Der Motor bleibt im ersten Gang stecken und der Rückwärtsgang geht gar nicht mehr. Ich schaffe gerade noch die letzten Meter nach Hause. Den Mietvertrag des Autos rausgeholt und sofort bei Dollar angerufen. Welch ein Wunder. Nach einigen Minuten habe ich eine richtige Stimme am Draht. Judy wird’s schon richten. Ich weiss, dass ich Geduld haben muss. Freundlich sein, ist die Devise. Judy tut, was sie kann. Nach einer halben Stunde hat sie mit dem Flughafen Burbank Kontakt aufgenommen und mit der Station dort vereinbart, dass sie einen neuen Wagen vorbei bringen. Zwei Stunden oder weniger soll das gehen, sagt sie. Keinesfalls mehr. Wir sollen auf der Strasse warten und das schon in circa 30 Minuten. Man weiss ja nie wieviel früher die Jungs aus Burbank kommen, meint sie.

Toll, das klappt ja wie am Schnürchen. Meine Frau und ich wechseln uns mit dem Warten ab. Nach 30 Minuten sind wir draussen. Wir wollen den Retter in der Not ja schliesslich nicht verpassen. 60 Minuten: Fehlanzeige. 90 Minuten – noch immer nichts. Gleich wird er kommen. Ich habe es im Blut. Zwei Stunden oder weniger hiess es ja.

2 Stunden sind um. Kein Auto weit und breit. Es ist heiss in der kalifornischen Sonne. Als nach zweieinhalb Stunden noch niemand da ist, rufe ich nochmal bei Dollar an. Der Abschleppwagen sei bereits losgefahren, heisst es, als ich endlich wieder jemanden am Apparat habe. OK, dann kann es sich ja nur noch um Minuten handeln. Burbank ist ja nur 10 Meilen von uns entfernt. Ich bin guter Dinge.

Eine weiter Stunde später ist noch immer nichts von Dollar zu sehen oder zu hören. Wieder rufe ich den Kundendienst an. Nochmals die gleichen Fragen: Are you safe? Who am I speaking to? What is your phone number und und und… meine Nerven. Der Wagen sei losgefahren, heisst es ein weiteres Mal. Ich sage, das hätte man mir schon vor einer Stunde gesagt und er solle nochmals nachhaken. Das tut er.

Eine weitere Stunde später. Während ich mit dem Customer Service telefoniere und wieder die gleiche Leier abspule, schaltet sich  endlich der Abschleppwagen ein. Der Customer Service verbindet mich. Er ist in der Nähe – endlich. Ich gehe ihm entgegen. Fast sechs Stunden später habe ich ein neues Auto. Ich steige ein, lasse den Motor an und schaue auf den Screen. “Maintenance required” heisst es da. Das darf doch wohl nicht wahr sein. Ein neues Auto und dann das? “Wartung erforderlich”. Ich schalte das Auto aus und wieder ein. Wie beim Computer ist das immer die beste Lösung. Doch da ist sie wieder diese Anzeige: “Maintenance required”. Pahh. Der Typ vom Abschleppdienst sagt, er habe es auch bemerkt, doch das falle nicht in seinen Bereich. Ich solle das einfach bei Dollar melden. Wahrscheinlich nur ein Ölwechsel der ansteht, meint er.

Wieder hänge ich mich ans Telefon und melde den Fehler. “Thank you for calling Dollar” meint Dave. Ich bleibe ruhig und freundlich. Dave kann ja nichts dafür. Ich habe absolut keine Lust, den Wagen wieder einzutauschen. “Fährt das Auto”, fragt mich Dave. “Ja”, sage ich, “noch fährt es”. Dave rät mir, bis zum Ende der Mietzeit mit der Warnmeldung durchzuhalten. Also, drückt mir die Daumen, dass der Wagen hält. Die Sonne ist mittlerweile untergegangen und der Tag gelaufen. Thank you Dollar. Amerika, you have a problem…

 

12 in 12 – Freude am Glück der Anderen

Es gibt für mich nichts Schöneres, als einer Person in genau dem Moment zuzusehen, wo sich ihr Leben verändert und zwar so, dass bald nichts mehr so ist, wie es mal war und idealer bald alles besser ist. Genau deshalb macht es mir so viel Spass, noch unbekannten Künstlern zuzusehen, wie sie sich vor einem kleinem Publikum die Finger wund spielen und mit aller Kraft versuchen, aus der Obskurität des Übungsraums ans Licht der Weltöffentlichkeit zu gelangen.

Meist muss man Dutzende oder gar Hunderte von Konzerten warten, bis sowas passiert. Gestern war es wieder mal so weit. Im Legendären Club Echo in Silver Lake steht eine junge Frau auf der Bühne: Sie ist nicht als Haupt-Act gebucht, sondern hat die oft undankbare Aufgabe einer sogenannten Support Band. Sie heisst Alina Bea und ihre Songs auf Youtube haben gerade mal zwischen 10 und 40 Hits. Niemand im Saal kennt sie und niemand wartet auf sie.

Doch in dem Moment, wo sie mit ihrem Oberteil, das an die Jedi-Ritter aus Star Wars erinnert, auf die Bühne kommt, und die ersten Akkorde spielt, hat sie den ganzen Saal verzaubert. Kreativ wie Bjork und mit der Stimme und Energie von Kate Bush hat sie das Publikum auf ihrer Seite. Jeder Einzelne ist plötzlich ein Fan und sich bewusst, dass das hier kein normales Konzert ist, sondern dass hier gerade ein Star geboren wird. Nach jedem Song wird der Applaus stärker. Das Wort tosend als Bezeichnung für den Beifall zu gebrauchen, ist sicher nicht übertrieben. Auch Alina weiss, dass heute ein besonderer Tag war. Sie hat einen grossen Schritt nach vorne gemacht. Irgendein guter Produzent wird sicher im Publikum gewesen sein. Schliesslich sind wir hier in Los Angeles. Nach dem letzten Song hüpft Alina vor Freude auf der Bühne herum. Ihre unnahbare Persona lässt sie links liegen, ist einfach nur glücklich und strahlt mit den Scheinwerfern um die Wette.

Ein paar Minuten später treffe ich Alina am T-Shirt-Stand. Ich sage ihr, wie toll ihr Auftritt war und dass ich ihr viel Glück für die Zukunft wünsche. Sie lacht mich an und bedankt sich. Alina Bea, merkt Euch diesen Namen. Wenn sich das richtige Label um die junge Frau aus Los Angeles kümmert, dann kann sie durchaus in die Fusstapfen einer Lykke Li oder Aurora treten.

Auch wenn Alina viel Potential hat, ist der Weg zum Erfolg noch weit. Nächstes Jahr dürfte sie in Austin beim SXSW-Festival auftreten, danach, wenn sie viel Glück hat, eine US-Tour gebucht bekommen, im Jahr darauf  kümmert sich vielleicht eine richtige Plattenfirma um sie und frühestens 2019 ist sie dann in Europa gefragt. Good Luck Alina. Ich drücke dir die Daumen – alle beide.

12 in 12 – Scientology macht mich traurig

Wer wie ich denkt, dass Scientology angesichts all der negativen Presse und üblen Skandale bald am Ende ist, der hat sich kräftig getäuscht. In Los Angeles, dem Zentrum, um nicht zu sagen Brutstätte, dieser “Religion”, hängt das Schild der Church of Scientology bei jedem Besuch an noch mehr Häusern. Mittlerweile dürften es über 50 teils riesige Gebäude sein, in denen die Kirche ihren Jüngern predigt. Sie bringt ihnen bei, wie sie ihr volles Potential ausschöpfen, in dem sie die Fähigkeiten der Seele (Thetan), die die Menschheit vor Millionen von Jahren verloren haben soll, wieder zum Funktionieren bringt.

Dass schlechte Presse und Skandale nicht zum Scheitern einer Bewegung führen muss, wissen wir nicht erst seit der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten.  Doch dass eine von einem zweitklassigen Science-Fiction-Schriftsteller namens Ron L. Hubbard 1954 erfundene Religion für Viele eine so anziehende Wirkung hat, ist schon erstaunlich. Der Hauptsitz der Kirche befindet sich direkt am Sunset Boulevard in einem blauen Art-Deco-Prunkbau. Der Parkplatz ist immer voll und was da drinnen genau vor sich geht ist mir schleierhaft. Irgendwelche Seminare, wo die Anhänger durch sogenanntes Auditing neue Stufen des Bewusstseins erreichen, dürften die Hauptaktivität sein.

Besonders sagenumwoben ist das Scientology Celebrity Center, ein schlossähnliches Gebäude, in dem Leute, die in der Lage sind, die Welt zu verändern (vor allem Schauspieler und Sportler), von Scientology betreut werden. Ich parke oft in der Nähe des Celebrity Centers, da gleich gegenüber einer meiner liebsten Comedy Clubs liegt. Dabei kommt mir die Szenerie um das Celebrity Center immer wie eine Mischung aus The Shining und Eyes Wide Shut vor.

OK, ich habe überhaupt nicht die Kapazität, hier irgendwelche Skandale aufzudecken oder fundierte Kritik an Scientology zu üben. Doch ein Anblick hat mich gestern so richtig traurig und wütend gemacht. Nur wenige Meter vom Hauptsitz der Kirche entfernt, auf einer riesigen gemieteten Plakatwand steht folgendes: “to my loved one in scientology: Call me.” Bezahlt wurde dieser Aufruf von der Organisation: Stopscientologydisconnection.com.

Scientology fordert ihre Mitglieder dazu auf, zu ihrer gesamten Familie, die nicht an Scientology glaubt, jeglichen Kontakt abzubrechen und zwar für immer und ewig. Nur so kann das Bewusstsein gestärkt werden, wird den Jüngern eingebläut. Jede Religion, die sowas von einem Menschen verlangt, hat bei mir verspielt. Klar muss jeder selber wissen, wie er sein Leben lebt. Doch wer solche Regeln aufstellt, der macht sich lächerlich, vor allem wenn er verzweifelt versucht, immer wieder zu beweisen, dass es sich hier nicht um einen Kult, sondern um eine Ernst zu nehmende Religion handeln soll. Wieviele Scientology-Anhänger es wirklich gibt ist äusserst umstritten. Aus den eigenen Reihen wird immer wieder die Zahl von 10 Millionen genannt. Neutrale Schätzer gehen von lediglich 100’000 oder gar weniger aus.