12 in 12 – Die Weltmeister des “Shitty” Customer Service

Ich hatte schon fast vergessen, wie nervenaufreibend es damals war, als ich nach New York gezogen bin und versucht habe, die Infrastruktur in meiner kleinen Wohnung im Village aufzubauen. Ich weiss nicht, wie lange ich damals mit dem Internet-Anbieter Time Warner an der Strippe war – doch insgesamt waren es Tage und keine Stunden. Traumatische Erlebnisse…

Ich kenne sie mittlerweile alle, die Kundendienstzentren dieses Landes, in deren Telefondschungel man hilflos umherirrt und von einem Band zum anderen verwiesen wird, um im Endeffekt erfolglos wieder aufzulegen. Doch wie gesagt, ich hatte sie fast vergessen oder besser gesagt verdrängt, diese Erlebnisse. Bis heute.

Silverlake, Los Angeles. Im Mietwagen auf dem Weg in unsere Wohnung. Da versagt plötzlich die Gangschaltung des automatischen Getriebes. Der Motor bleibt im ersten Gang stecken und der Rückwärtsgang geht gar nicht mehr. Ich schaffe gerade noch die letzten Meter nach Hause. Den Mietvertrag des Autos rausgeholt und sofort bei Dollar angerufen. Welch ein Wunder. Nach einigen Minuten habe ich eine richtige Stimme am Draht. Judy wird’s schon richten. Ich weiss, dass ich Geduld haben muss. Freundlich sein, ist die Devise. Judy tut, was sie kann. Nach einer halben Stunde hat sie mit dem Flughafen Burbank Kontakt aufgenommen und mit der Station dort vereinbart, dass sie einen neuen Wagen vorbei bringen. Zwei Stunden oder weniger soll das gehen, sagt sie. Keinesfalls mehr. Wir sollen auf der Strasse warten und das schon in circa 30 Minuten. Man weiss ja nie wieviel früher die Jungs aus Burbank kommen, meint sie.

Toll, das klappt ja wie am Schnürchen. Meine Frau und ich wechseln uns mit dem Warten ab. Nach 30 Minuten sind wir draussen. Wir wollen den Retter in der Not ja schliesslich nicht verpassen. 60 Minuten: Fehlanzeige. 90 Minuten – noch immer nichts. Gleich wird er kommen. Ich habe es im Blut. Zwei Stunden oder weniger hiess es ja.

2 Stunden sind um. Kein Auto weit und breit. Es ist heiss in der kalifornischen Sonne. Als nach zweieinhalb Stunden noch niemand da ist, rufe ich nochmal bei Dollar an. Der Abschleppwagen sei bereits losgefahren, heisst es, als ich endlich wieder jemanden am Apparat habe. OK, dann kann es sich ja nur noch um Minuten handeln. Burbank ist ja nur 10 Meilen von uns entfernt. Ich bin guter Dinge.

Eine weiter Stunde später ist noch immer nichts von Dollar zu sehen oder zu hören. Wieder rufe ich den Kundendienst an. Nochmals die gleichen Fragen: Are you safe? Who am I speaking to? What is your phone number und und und… meine Nerven. Der Wagen sei losgefahren, heisst es ein weiteres Mal. Ich sage, das hätte man mir schon vor einer Stunde gesagt und er solle nochmals nachhaken. Das tut er.

Eine weitere Stunde später. Während ich mit dem Customer Service telefoniere und wieder die gleiche Leier abspule, schaltet sich  endlich der Abschleppwagen ein. Der Customer Service verbindet mich. Er ist in der Nähe – endlich. Ich gehe ihm entgegen. Fast sechs Stunden später habe ich ein neues Auto. Ich steige ein, lasse den Motor an und schaue auf den Screen. “Maintenance required” heisst es da. Das darf doch wohl nicht wahr sein. Ein neues Auto und dann das? “Wartung erforderlich”. Ich schalte das Auto aus und wieder ein. Wie beim Computer ist das immer die beste Lösung. Doch da ist sie wieder diese Anzeige: “Maintenance required”. Pahh. Der Typ vom Abschleppdienst sagt, er habe es auch bemerkt, doch das falle nicht in seinen Bereich. Ich solle das einfach bei Dollar melden. Wahrscheinlich nur ein Ölwechsel der ansteht, meint er.

Wieder hänge ich mich ans Telefon und melde den Fehler. “Thank you for calling Dollar” meint Dave. Ich bleibe ruhig und freundlich. Dave kann ja nichts dafür. Ich habe absolut keine Lust, den Wagen wieder einzutauschen. “Fährt das Auto”, fragt mich Dave. “Ja”, sage ich, “noch fährt es”. Dave rät mir, bis zum Ende der Mietzeit mit der Warnmeldung durchzuhalten. Also, drückt mir die Daumen, dass der Wagen hält. Die Sonne ist mittlerweile untergegangen und der Tag gelaufen. Thank you Dollar. Amerika, you have a problem…

 

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