12 in 12 – Ode an die Farbe Ocker

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An einem sonnigen Tag durch die Gassen von Rom zu schlendern, ist Balsam für die Seele. Das mag sich jetzt etwas gar abgehoben anhören, doch ich bin davon überzeugt, dass die fast schon heilende Wirkung eines Spaziergangs durch das Centro Storico der Farbe Ocker zu verdanken ist.

WTF, Ocker? Der war wohl zu lange in der römischen Sonne, werden einige von Euch jetzt denken. Doch Moment. Gebt mir eine Chance.

Die Fassaden der Häuser in Rom vom historischen Zentrum bis hinaus in die Vorstadt sind fast ausschliesslich in Ockerfarben gehalten. Ockerfarben in allen Schattierungen, so weit das Auge reicht. Ja, Ocker, dieser gelbbraune eisenhaltige Erdton, der meist  auch eine gehörige Portion Rot enthält und der die Wände so richtig schön leuchten  und lachen lässt.

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Ein Blick auf die Farbenlehre gibt mir Rückendeckung. Dort wird Ocker eine beruhigende, zentrierende Wirkung  zugeschrieben. Ocker steht für Langlebigkeit und Ausgeglichenheit.

Meine Worte…  Die beruhigende und gleichzeitig anregende Wirkung spürt man mit jedem Schritt. Die Farbe wirkt wie eine Droge. “Ich brauche meine Dosis Ocker” schiesst einem da ab und zu durch den Kopf und abhängig kann man davon bestimmt auch werden.

Es komm wohl nicht von ungefähr, dass es bei einigen Naturvölkern in Afrika und Ozeanien üblich ist und war, Kranke jeweils mit rotem Ocker zu bestreichen, um die Lebenskraft anzuregen, und das mit beachtlichem Erfolg. Was so eine Farbe alles bewirkt…

Ocker ist eine warme Farbe, die einem wohl tut und etwas Vertrautes, ja auch Gemütliches an sich hat. Das eisenhaltige Ocker war eine der ersten bekannten Farben in der Malerei. Ocker ist Wasser- und lichtfest und eignet sich deshalb hervorragend zur Fassadenbemalung. Das wird neben der positiven Wirkung auf den Betrachter sicher auch einen Rolle gespielt haben, als man sich in Rom für die Farbe entschieden hatte.

Ich bin froh, dass man über hunderte, ja tausende von Jahren dabei geblieben und nicht in Versuchung geraten ist, die Stadt  zu “modernisieren”. Hat die berühmte Gelassenheit des Römers, den nichts aus der Ruhe bringen kann und der immer cool drauf ist, tatsächlich mit der Farbe der Fassaden zu tun? Ganz bestimmt. Vielleicht sollte man mal in Berlin, Zürich oder Wien darüber nachdenken, ob das nicht mindestens einen Versuch wert wäre…

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