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12 in 12 – Ich habe ein Smartphone, also bin ich

Ich habe ja auch ein Smartphone und kann mir kaum vorstellen, ohne das Gadget zu leben. Ich fühle mich fast hilflos, wenn der Akku meines geliebten iPhones auf Null ist. Das gebe ich gerne zu.  Doch es muss Grenzen geben. Ich habe das Gefühl, dass dieses kleine Ding Schuld daran ist, dass wir nicht mehr miteinander sprechen, und was fast noch schlimmer ist, dass wir nicht mehr in der wunderschönen Welt leben, die direkt vor uns liegt, sondern in der Welt des kleinen Screens.

Das ist nicht nur in unseren Breitengraden so, sondern ich sehe das überall, wo ich hinschaue und hinkomme. Als ich gestern auf der Tribüne des Australian Open sass und vom fünften Satz des packenden Spiels zwischen dem Amerikaner John Isner und dem Deutschen Mischa Zverev in den Bann gezogen wurde, war mein Sitznachbar seit einer halben Stunde in irgend einen Chat auf seinem iPhone vertieft. Das durfte doch wohl nicht sein. Da gibt es Hochspannung pur direkt und live vor ihm und er spielt ununterbrochen mit seinem Telefon..

Noch krasser verhielten sich unsere Tischnachbarn aus Japan in einem Restaurant in Buenos Aires. Während ihm seine Partnerin ihr Herz ausschüttete, spielte der Typ munter auf seinem Galaxy irgend ein Mortal Combat Spiel. Er schaute nicht mal vom Bildschirm auf, geschweige denn gab er eine Antwort zurück und das während des gesamten Mittagessens. Sowas hatte ich noch nie gesehen. Die beiden waren dabei nicht etwa mitten in einem Streit, sondern es schien sich um ein ganz einfaches “Gespräch ” zu handeln. Am schockierendsten daran war, dass ihr das wenig auszumachen schien. So läuft die Konversation bei denen wohl immer ab.

Gespräche ohne Augenkontakt, den Daumen immer auf dem Bildschirm des Smartphones, jederzeit bereit, alles stehen und liegen zu lassen für die Anweisungen, die einem das Telefon gibt. Das geht zu weit. Diese Angewohnheit, eine Whasapp-Nachricht immer sofort beantworten zu müssen, auch wenn man gerade in ein Gespräch vertieft ist, ist schon eine Unart. Ja, ich hasse es auch, wenn ich ein wichtiges Email schreibe, und die Antwort auf eine einfache Frage erst zwei Tage später kommt, wenn ich sie nicht mehr brauche. Doch als Grundregel sollte gelten, dass das richtige Leben vor dem Leben auf dem Bildschirm kommt. Dein Gegenüber fühlt sich nämlich wie ein Stück Dreck, wenn Du eine willkürliche Nachricht beantwortest, dazu vielleicht noch entspannst lachst, weil das so lustig war, was dir geschickt wurde, während sich dein Gesprächspartner Däumchen drehend überflüssig vorkommt.

Untersuchungen zeigen, dass je mehr der Partner in einer Beziehung das Smartphone benutzt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit eines Breakups ist. Auch interessant: Viele Partner sind eifersüchtiger auf das Smartphone als auf einen Konkurrenten aus Fleisch und Blut. Das Smartphone ist nicht nur ein Relationship Killer, sondern schadet der Interaktion unter uns allen. Eine Studie hat ergeben, dass die Empathie der Jugendlichen in den letzten zehn Jahren drastisch nachgelassen hat. Ein Zeichen unserer Zeit, das mir gar nicht gefällt. Mehr Gefühl und weniger Technologie. Irgendwie wärs schön. “Smartphone ergo sum” sollte nicht unser Mantra sein.