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12 in 12 – Auf den Spuren von Dr. Schiwago

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Wer den Vorortszug raus aus Moskau nimmt, taucht schnell in eine andere Welt ein. Die Gesichter der Pendler sind vom harten Leben gezeichnet. Schnell wird einem klar: Nicht jeder profitiert vom Wohlstand des neuen Moskaus. Plattenbauten und Industriekomplexe reihen sich hier aneinander. Ein ernüchternder Anblick. img_9210

Doch nach nur 20 Minuten ändert sich die Szenerie. Nächster Halt: Peredelkino – das Epizentrum der russischen Literaturszene. Hier, mitten in dichten Birkenwäldern, stehen die Datschas, die so manchen grossen Denkern, allen voran die Nobelpreisträger Boris Pasternak und Alexander Solschenizyn Freiräume gegeben haben.

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Hier hat Pasternak Dr. Schiwago und Solschenizyn das Archipel Gulag, in dem er detailliert die Verbrechen des stalinistischen Regimes beschreibt, geschrieben.

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Auch Blut Okudzhava, der 1994 für den Roman “Die Show” den Booker-Preis erhielt, zog sich zum Schreiben gerne nach Peredelkino zurück.

img_9264Pasternaks Haus, in dem er von 1936 bis zu seinem Tod 1960 lebte,  ist klein. Ein Garten mit einem Gemüsebeet,  das er selber bestellte, eine Veranda, zwei Schlafzimmer und ein Wintergarten. Dazu ein Klavier, falls sein Freund, der Pianist und Komponist Sergei Rachmaninow, mal vorbeischaute. Schön ist’s hier.img_9212

Gegenüber des kleinen Gärtchens ist ein Zaun hochgezogen. Dahinter eine riesige Baustelle. Hier wird ein kitschiges Mehrfamilienhaus hochgezogen, das wohl für die Reichen und Schönen aus Moskau gedacht ist. Ob die wohl auch bald mit dem Vorstadtzug nach Peredelkino fahren?

Ein Zitat von Pasternak:
Nur ein vollkommen unbedeutender Mensch,
eine unverbesserliche Null, wird sich damit begnügen,
im Leben immer ein und dieselbe Rolle zu spielen,
immer den gleichen Platz in der Gesellschaft einzunehmen
und dieselben Dinge zu tun.

Und was zum Nachdenken von Solschenizyn:
Alles, was in der Ferne vor sich geht und uns nicht direkt bedroht, das heißen wir gut.

Neben dem Trailer für Dr. Schiwago (1965) – ja, genau der mit Omar Sharif  – zur Auflockerung noch ein anderer Klassiker: Dieter Hallervorden auf der Suche nach dem Mittelteil von Dr. Schiwago.