12 in 12 – 60’000 Kaugummiautomaten

Ich hatte 10 Pfennig und wusste ganz genau, wo die hinkommen. Die würde ich vorne an der Ecke des Fuhlsbütteler Wegs und des Garstedter Wegs in Hamburg in den Kaugummiautomaten schmeissen und dafür hoffentlich den kleinen Schlüsselanhänger aus Plastik aus dem Kasten ziehen. Ich glaube, ich habe es nie geschafft, den Schlüsselanhänger rauszukriegen. Stattdessen waren es immer drei kleine, nur nach Zucker schmeckende Kaugummis, die ich aus dem Automaten geholt hatte. Stolz schlich ich dann jeweils mit meiner Beute von dannen und teilte mir die Kaugummis ganz genau ein, denn es konnte ein paar Tage dauern, ehe ich wieder 10 Pfennig hatte, die ich in den Automaten stecken konnte.

Als ich hier in Berlin am ersten Tag die Lausitzer Strasse runterlaufe, traue ich meinen Augen nicht. Da hängt er, genau dieser Kaugummiautomat aus meinen Kindertagen. Runtergekommen, verrostet, die kleine Scheibe auf der Vorderseite so mitgenommen, dass ich kaum erkennen kann, was sich darin befindet. Es sind genau die Kaugummis, die ich damals aus dem Kasten geholt habe. Sie sehen so aus, als ob sie seit damals nie ausgewechselt wurden.

Wer steckt heute noch Geld in solche Automaten? Nichts, aber auch gar nichts könnte mich dazu bewegen, aus diesem ekligen Ding, Kaugummis rauszuziehen. Haben die Kids heutzutage nicht andere Hobbies? Sind die Unterhaltungsmöglichkeiten im Zeitalter von iPhone und Xbox nicht einen Schritt weiter und ist der Kaugummiautomat da nicht ein Relikt von gestern?

An der nächsten Ecke hängt noch ein Automat. Drei Kids drehen den Knopf. Kaugummikugeln Marke “Rainforest”, in irren Pastellfarben, für redliche 20 Cent. Rund um den Einwurfschlitz ist der weiße Lack abgeplatzt. Ein grosser, giftgrüner Kaugummiball fällt raus. Ein strahlendes Gesicht. “Kann ich den haben?” fragt der eine. “Nee, den bewahre ich mir für heute Abend auf” entgegnet der etwas kleinere Glückspilz mit der Kaugummikugel und macht sich aus dem Staub.

Einige Sachen scheinen sich nicht verändert zu haben. Kaugummiautomaten sind noch immer gefragt – egal wie alt, verrostet, verklebt, verkritzelt und unappetitlich die Dinger aussehen. Seit mehr als 60 Jahren hängen diese Kisten an Deutschlands Hauswänden, die ersten wurden aus den USA importiert. Gut eine halbe Million gibt es in der Bundesrepublik noch, in Berlin sind es etwa 60.000, schätzt der Bundesverband der Automatenaufsteller. 60’000!!!

Um ein Geschäft mit den Automaten zu machen, muss man mindestens 2000 davon besitzen. Pro Jahr variiert der Umsatz je nach Standort zwischen schlappen 10 und 350 Euro. Eine Bewilligung für den Standort braucht es nicht, sondern es besteht meist eine Abmachung mit dem Hausbesitzer, der ein paar Prozent des Umsatzes bekommt. Eine schräge Sache, diese Kaugummiautomaten. Ich habe die sonst in keinem Land der Welt gesehen,

In Japan gibt es Kapselautomaten. Doch da sind jeweils die neusten Minigadgets und Figuren der letzten Pokemon-Generation drin. In Deutschland ist es noch immer die Kaugummikugel.

One thought on “12 in 12 – 60’000 Kaugummiautomaten”

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