12 in 12 – Keine Angst vor dem Deutschen Theater

Ich kann die Leute nicht verstehen, die nicht gerne ins Theater gehen. Immer wieder erzählt man mir, dass Theater langweilig sei, zu langatmig, anstrengend, bemühend und auch zu teuer. Wenn ich das höre, dann frage ich mich immer, wann wohl das letzte Mal war, dass diese “Theaterkritiker” tatsächlich im Theater waren. War es zu Schulzeiten, als man mit der ganzen Klasse den Midsummer Night’s Dream von Shakespeare auf Englisch anschauen musste und eigentlich viel lieber zu Hause geblieben wäre, oder war es gerade erst letzte Woche und war es ganz einfach das falsche Theaterstück?

Egal wie es war. Ob Theatermuffel oder  engagierter Theaterhasser. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Euer letzter Besuch im Deutschen Theater in Berlin war, denn das ist nicht nur spannend, sondern auch anregend, aufregend, anziehend, angesagt, anders und ganz bestimmt nicht anstrengend.

Ob die “Glass Menagerie” von Tennessee Williams, “Das Spiel ist aus”von Jean-Paul Sartre, “Ein Käfig ging einen Vogel suchen” von Franz Kafka, “100 Sekunden” unter der Regie von Christoph Rüping oder mein Lieblingsstück “Herbstsonate” nach dem Film von Ingmar Bergmann, all diese Theateraufführungen  haben mich richtig hier in Berlin glücklich gemacht. Ich könnte jeden Tag ins Theater gehen. Ab zehn Euro kriegt man hier Karten. Das ist weniger als ihr für 90 Minuten Volksverdummung, oder auch Transformer 3 genannt, ausgeben würdet. Unter dem Motto “Keine Angst vor dem Theater” kriegt man im Juli einen Platz im Deutschen Theater übrigens noch günstiger.

Auf der Bühne des Deutschen Theaters stehen leibhaftige Schauspieler, die sich nur für mich allein ins Zeug legen, die mir ein Erlebnis schenken, dass keine Kinoleinwand erzeugen kann, die meine Aufmerksamkeit von der ersten Sekunde an haben und deren Worte ich mit einem Genuss verschlinge, als ob ich einen frisch gebackenen Blaubeerpfannekuchen vor mir stehen habe.

Auf den Brettern, die die Welt bedeuten, stehen im Deutschen Theater nur die Besten der Besten. Anja Schneider, Linn Reusse, Marcel Kohler und Camil Jammal sind einige der Schauspieler, die mir besonders ans Herz gewachsen sind.

Das Deutsche Theater ist Theater, wie es sein soll. Intellektuell stimulierend und dennoch nicht belehrend und fingerzeigend, herausfordernd und dennoch nicht selbstverliebt und nur für Elite und Kritiker inszeniert.

Das ist nicht selbstverständlich. Viele Intendanten der grossen Theater dieser Welt machen genau den Fehler, Theater nur für sich und nicht fürs Publikum aufzuführen. Es muss ja nicht gleich Volkstheater im herkömmlichen Sinne sein. Doch eine gute Balance zu kreieren. Das ist die hohe Kunst.

International kann dem Deutschen Theater nur das Londoner National Theater das Wasser reichen. Da kann man auch blind in irgendeine eine Aufführung gehen und wird immer mit einem Geniestreich beglückt.

Also, überlegt euch doch mal, wann ihr das letzte Mal im Theater wart. Wenn ihr euch nicht mehr genau erinnern könnt, wann das war, dann ist es auf jeden Fall viel zu lange her. Das soll jetzt kein elitäres Geschwätz sein, auch wenn es vielleicht so rüber kommt, sondern ist ganz einfach meine Meinung. Habt keine Angst vor dem Theater

Ich lasse Euch für heute mit einem Zitat von Tennessee Williams aus der Glassmenagerie mal ganz alleine:

“Being disappointed is one thing and being discouraged is something else. I am disappointed but I am not discouraged.”

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