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Schwalbe fliegt nach…12 in 12 in der NZZ

Ein kleiner Break von Los Angeles. Der nächste Beitrag aus der Serie: Schwalbe fliegt nach… in der NZZ ist erschienen. Dieses Mal ist Tokio an der Reihe. Klickt hier drauf, um den Artikel zu lesen. Für die NZZ bzw. NZZ Bellevue nehme ich Objekte und Zeichen unter die Lupe, die für die locals alltäglich erscheinen, dem Besucher aber ins Auge springen. Daraus soll eine Art Atlas des Corporate Designs von zwölf Weltstädten und Stadtkulturen entstehen. Diese Episode beschäftigt sich mit Bangkok. Wie immer auch hier auf Trendengel sind die Fotos von mir selber geschossen und exklusiv. Viel Spass.

Hier nochmals der ganze Link, falls ihr lieber so klickt:
Genau hier drauf klicken, um zur NZZ-Seite zu gelangen.

12 in 12 – Städterating Tokio

Der letzte Eintrag aus Tokio. Der Moment, die Stadt zu bewerten ist gekommen.

Ein Monat ist nicht viel Zeit, doch genug, um einen Eindruck zu gewinnen, wie eine Stadt tickt. Deshalb haben wir ein Städterating erarbeitet, das sich von den gängigen Modellen der Mercers dieser Welt unterscheidet. Wir achten weniger auf das Bildungssystem, das politische Umfeld und das Gesundheitssystem, sondern mehr auf Faktoren, die eine Stadt einzigartig machen. Das Rating in neun Kategorien geht von 1 (schlecht) bis 10 (grandios) und spiegelt unser rein subjektives Empfinden:

Die Leute: 8

Die Tokioter sind unglaublich liebenswert und hilfreich. Jeder gibt sich Mühe, deinen Tag zu verbessern und das macht grossen Spass. Die Japaner sind stolz auf ihr Land und freuen sich extrem, dass du Interesse an ihnen und ihrem Land zeigst. In Tokio ist man als Europäer noch immer ein Exote – wie in keiner anderen Grossstadt dieses Kalibers.

Kulturelles Angebot: 8

Tokio bietet alles, was das Herz begehrt. Ob klassische Musik, J-Pop, unzählige Ausstellungen oder typisch japanische Veranstaltungen wie Karate, Sumo und Kabuki. Hier gibt es immer was zu entdecken. Die Kunst ist, überhaupt über diese Veranstaltungen zu erfahren. Viele Websites sind nur auf Japanisch un das ist trotz Web Translation nicht so einfach.

Food: 9

Tokio ist so viel mehr als Sushi und Ramen. Was man hier essen kann ist “outstanding”. Die Restaurants sind meist klein und auf ein bis zwei Gerichte spezialisiert. Der Service ist immer makellos und der Preis meist tief.  Oft kommen die Angestellten mit rasu und winken dir nach, wenn du gehst. So shööööön. Überraschend war auch, dass es hier nicht nur japanische Küche auf höchstem Niveau gibt, sondern auch internationale Einflüsse ihren Platz haben. Den Wagyu-Burger, den ich hier gegessen habe, werde ich nicht so schnell vergessen.

Preisniveau: 6

Man hört immer wieder Räubergeschichten, wenn es um die Preise in Japan geht. Ein Apfel soll 10 Euro kosten und das Restaurant könne man sich kaum leisten. Alles falsch. Tokio ist auf jeden Fall billiger als die meisten europäischen Städte. Mittagessen für 5 Euro und die Preise  im Supermarkt sind absolut OK.

Öffentlicher Verkehr: 7

Das U-Bahn-System in Tokio hält die  grösste Metropole der Welt zusammen. Immer auf die Minute pünktlich und immer supersauber und perfekt. Die Grösse der Stadt macht die Navigation manchmal etwas zeitaufwendig und das fehlende Fahrradsystem wäre eine schöner Bonus. Vielleicht gibt es das ja rechtzeitig für Olympia 2020.

Wetter/Klima: 5

März ist rund einen Monat zu früh für Tokio. Zwar war das Wetter nicht schlecht, doch ein paar Grad mehr wäre doch schön gewesen. Tokio hat vier Jahreszeiten. Im Winter kann es durchaus kühl werden und der Sommer soll fast unerträglich heiss und feucht sein. Das Klima hier ist vergleichbar mit Mitteleuropa.

Sicherheit: 10

Die Leute schliessen hier ihre Türen oft nicht ab. Als wir unseren Vermieter fragten, wie das sei mit der Sicherheit, war die Antwort: Das ist Tokio – Übersetzt: Tokio ist die sicherste Stadt auf diesem Planeten und man braucht sich nie und nirgendwo Sorgen machen.

Fun/Feel-Good-Factor: 8

Tokio ist ein Fest für die Sinne. Hier fällt einem immer wieder etwas Neues auf. Spannung an jeder Ecke. Wem es hier langweilig wird, der ist selber Schuld.

Coolness/Kreativität: 8

Kreativität kennt in Tokio keine Grenzen – ob Architektur, Design Konsum oder Gastronomie, hier ist alles auf höchstem Niveau. Manchmal hat man allerdings etwas das Gefühl, dass alles nur nach dem letzten Trend schreit und man sich nicht gross von der Menge abheben will. Doch unter dem Strich: Wow.

Gesamtergebnis: 69 Punkte

Hier der Vergleich zu den anderen Städten. Tokio hat Mexiko CIty den Spitzenplatz abgenommen.

12 in 12 – Tokio – Ein kleiner Reiseführer

Für mich gab es bisher immer drei Städte, die allen anderen eine Nasenlänge voraus sind, wenn es um gutes Essen geht: London, New York und Los Angeles. Doch nachdem ich Tokio besucht habe, sind es  vier. Die Auswahl in Tokio ist riesig und die Preise entgegen allen Unkenrufen tief. Für 5 Euro kriegt man hier eine Top-Ramen-Suppe und gutes Sushi vom Band kostet pro Teller  gerade mal einen Euro.

Auch überraschend war, dass es in Tokio nicht nur japanisches Essen auf höchstem Niveau gibt, sondern alles, was das Herz begehrt. Viele internationale Spitzenrestaurants aber auch kreative Ketten haben hier ihre Outposts. Wer hätte gedacht, das Neapels beste Pizzeria Da Michele eine einzige Filiale ausserhalb Neapels hat und das die hier in Tokio ist oder dass die Pies von Pie Hole aus Downtown Los Angeles auch hier zu haben sind.

Doch zurück zu Japans Köstlichkeiten aus der Stadt, die so viele Michelinsterne hat, wie keine andere auf diesem Planeten (sorry Paris). Hier sind meine Top-Tipps:

Anda Gyoza

Normalerweise mag ich gekochte Gyozas (die Raviolis Japan) nicht so gern wie gebratene oder leicht frittierte. Doch was Anda auf den Tisch zaubert ist grandios. Für weniger als 10 Euro gibt es Reis, der vor Geschmack nur so explodiert und acht Gyozas, die dank Ingwer, Curry, und anderen geheimen Zutaten neue Welten eröffnen. Auch der Guide Michelin ist schon auf Anda aufmerksam geworden, obschon das Restaurant recht weit weg von der Hektik Tokios in der Nähe der U-Banstation Yoyogi Uehera liegt. Von aussen ist Anda wie fast alle japanischen Restaurants schlicht und unscheinbar. Man erkennt es eigentlich nur an der kleinen Schlange der Wartenden. Keine Reservation möglich, was ne gute Sache ist.

Anda hat keine richtige Website. Deshalb: Den Namen (wie auch bei den anderen Tipps) in Google Maps eingeben und schon kriegt ihr die Adresse.

Konjiki Hototogisu

Hototogisu kocht Ramen Tokyo-Style. Während andere Ramen-Nudel-Suppen meist eher schwer sind und auf einer Schweine- und Hühnerbrühe basieren, sind  bei Hototogisu für die “Bouillon” riesige Muscheln für den Geschmack verantwortlich. Auch hier steht man einfach kurz an (das Restaurant hat gerade mal acht Plätze), kauft sich das Ticket für die Suppe an einem Automaten (8 Euro) und entscheidet nur, wieviele Scheiben köstlichen Schweinebraten man  haben will. Schon allein für diese Ramen-Suppe lohnt sich die Reise nach Tokio. Indianerehrenwort. Das Restaurant liegt im Stadtteil Hategaya. Auch hier gilt wieder: Googeln wegen der Location.

Gindaco

Gindaco ist eine kleine Kette mit 9 Outlets in Tokio und macht Takoyaki. Das sind keine Teigbällchen mit Tintenfisch. Wer beim Zubereiten zuschaut, kriegt sowas von Hunger und wenn man in das Takoyaki (8 Stück für 4 Euro) reinbeisst, dann weiss man, dass Gott existieren muss.

Katsukura

Meine erste Erfahrung mit Tonkatsu, einer art Wiener Schnitzel nach japanischer Art, war so schlecht, dass ich zunächst dachte, nie mehr. Doch als ich dann von Katsukura hörte, gab ich nach. Zum Glück. Essen beschreiben ist sinnlos, wie ihr wisst. Doch wie hier die Panade mit dem Fleisch in Einklang steht, das ist grosse Kunst. Der erste Biss hat mir fast Tränen in die Augen getrieben – vor Glück versteht sich. Das Schwein gibt es in drei Qualitäten (es lohnt sich eine der zwei oberen Stufen zu wählen) und dazu gibt es Weisskohlsalat, Reis, Miso und noch weitere kleine Köstlichkeiten und natürlich Tonkatsu-Sauce. Alles zusammen für rund 20 Euro.  Das Restaurant liegt im 14. Stockwerk des Warenhauses Takashimaya in Shinjuku.

Uobei Sushi

Hier gibt es nicht das beste Sushi der Stadt aber das unkomplizierteste und das mit dem meisten Spass. Wenn du bei Uobei, einem Ableger der Kette Genki Sushi, über das iPad bestellst und das Sushi auf einer Plexiglasplatte per Geisterhand direkt vor deiner Nase landet, dann ist die Welt in Ordnung. 1 Euro pro Teller und 2 Euro für Fatty Tuna. Wer nie richtigen Fatty Tuna probiert hat, der hat nicht gelebt, würde ich Supersnob sagen…und das Tunatartare erst.

Zwischendurch kann man bei Uobei noch Sushi-Roulette spielen und sich bei einem Treffer einen extra Teller umsonst genehmigen.

 

Ihr seht, Tokio bietet unendliche Möglichkeiten.

Hier noch ein paar weitere Top-Empfehlungen, die ihr mal ausprobieren solltet:

We are the Farm: Farm to table Prinzip mit viel Vegetarischem

Die Lebensmittelabteilung des Warenhauses Mitsukoshi in Ginza.

Kanda Matsuya: Soba-Nudeln in Perfektion

Udon Shin: Udon-Nudeln frisch gemacht

 

 

12 in 12 – Genau das braucht die Welt

Japan ist Weltmeister der Effizienz und Funktionalität. Hier läuft alles am Schnürchen, alles ist kompakt und durchdacht. Schliesslich sind die meisten Apartments hier in Tokio nur knapp 10 Quadratmeter gross und da muss alles reinpassen, was ein Leben lebenswert macht.  Doch gleichzeitig lieben Japaner auch alle Produkte, die die Welt nicht braucht…äh ich meine natürlich, die die Welt braucht und ohne die ich nicht mehr leben möchte bzw. kann. Hier ein paar dieser Produkte, die ich natürlich alle gekauft habe.

Ein Bär, der mir den Vorhang zurück hält. Genau das habe ich gesucht und dann noch in meiner Farbe…

…dazu passend noch gleich die Socken für meinen Stuhl. Euer Stuhl hat keine Socken? Was seit ihr nur für Menschen?

Ein beleuchtetes Ohrenstäbchen. Juhui…halt, eigentlich gar nicht so dumm. Ich kauf mir gleich noch eins.

Wie langweilig waren Würstchen bis gestern. Doch damit ist Schluss. Meine Servelat sieht ab jetzt aus wie ein kleines Schweinchen. Wie süss…

…und passend dazu. Das gekochte ein in Herzform. Wenn das nicht Euer Geschenk für den  nächsten Valentinstag ist, dann weiss ich auch nicht.

Einen hab ich noch…

In den japanischen Game Halls ist im Moment ein Spiel angesagt und das heisst Panzer Kraftwagen IV und wird mit der Tagline “Girls und Panzer” angepriesen. Kein Scherz. Das hab nicht ich frei übersetzt, sondern das wird genau so beworben. Panzer Kraftwagen IV: “Girls und Panzer. Nicht auf Japanisch, sondern…jaja, schon gut, ich weiss, ihr habt den Witz verstanden. Krass drauf,  diese Japaner.

Girls und Panzer ist übrigens auch eine super erfolgreiche Anime-TV-Serie, die seit 2012 läuft und  zu der drei MangaHefte und ein Roman erschienen ist. Letztes Jahr kam dann der erste Girls und Panzer Film in die Kinos.

Bevor ihr denkt, dass ich jetzt total durchgeknallt bin, die Handlung von Girls und Panzer in Kurzform. Gar nicht so dumm, wie es sich zunächst anhört (t:

Die Handlung spielt in einer fiktiven Welt, in der die militärische Schwerindustrie aus wirtschaftlichen Gründen mit in den allgemeinen Zivilalltag eingeblendet wurde. So ist es in Japan seit Jahrzehnten schon Sitte, dass – in einer extremen Anwendung des Begriffs “Schulschiff” – heranwachsende Mädchen und Jungen ihre Schulzeit auf umfunktionierten Flugzeugträgern verbringen, die in eigenständige schwimmende Gemeinden verwandelt wurden, die sämtliche Komforts einer Kleinstadt an Land bieten.

In dieser Welt ist es ein traditioneller Kampfsport für Mädchen, mit Panzern aus dem Zweiten Weltkrieg Wettkämpfe auszufechten, wobei der Sport Senshadō genannt wird. Die Hauptfigur der Serie ist Miho Nishizumi, die aus einer Familie mit langer Senshadō-Tradition stammt. Nachdem sie an ihrer alten Schule für deren Niederlage im Endausscheid, nach einer neunjährigen Siegessträhne, verantwortlich war, schwor sie dem Senshadō ab und wechselte an eine Mädchenschule. Doch es dauert nicht Lange, bis sie zum Senshadō zurückfindet…

Na, seit ihr jetzt angebaggert? Gebt’s schon zu.

12 in 12 – Warum die Kirsche blüht

Kirschen, Kirschen, Kirschen. Seit ich hier bin, höre ich nichts anderes. Wann blühen die ersten Kirschen? Welche Stadt ist zuerst dran? Hoffentlich scheint die Sonne, wenn die Kirschen blühen und und und. Überall gibt es Gebäck und Eis mit Kirschblütenaroma und in jeder Zeitung werden die neusten Prognosen zum Start der Saison veröffentlicht. Nichts ist den Japanern so wichtig, wie die Kirschblüten. Nicht die Baseball-Weltmeisterschaft, die angespannte Lage mit Nordkorea, nicht der diplomatische Hick-Hack mit China und auch nicht der liebe Donald reichen da im Entferntesten ran.

Kirschblüten sind die Priorität. Es soll dieses Jahr früher so weit sein. Tokio ist in der Pole Position und dürfte noch vor Kyoto dran sein, erzählen uns unsere Nachbarn stolz. Alles klar. So aufregend wird das bestimmt nicht sein. Wir haben hier schon die Pflaumenblüten und die Pfirsichblüten gesehen. “Die sehen doch genauso aus wie die Kirschblüten”, sage ich etwas schelmisch und begebe mich damit aber sowas von auf Glatteis. Nein, nein, Kirschblüten seien was ganz Besonderes. Jaja, ich wollte nicht unhöflich sein. Kirschblüten sind toll.

Die Kirschblüte wird in der japanischen Kultur seit rund 1200 Jahren in Ehre gehalten. Davor gebührte die Ehre übrigens der Pflaume. Doch das will heute niemand mehr wahr haben…

“Sakura” heisst die Kirsche in Japan und das Ritual, unter den Kirschblüten zu verweilen, die Stimmung zu geniessen und zu picknicken wird “Hanami” genannt.

Die Blüte ist ein Symbol für die Kurzlebigkeit des menschlichen Lebens und damit eng mit dem Buddhismus verbunden. Sie Blüht in vollster Pracht und ist nur wenige Tage später wieder verblüht. Dabei geht es um den Teil der Religion, der “Mono no aware” genannt wird und das Bewusstsein des Vergänglichen beinhaltet.

Kirschblüten sind wunderschön und akzeptieren ohne Widerstand ihr Schicksal. Auch eine japanische Eigenheit. Man gliedert sich ein und akzeptiert sein Schicksal ohne grosses Murren. Gleichzeitig steht die Blüte auch für Reinheit und Moral, ebenfalls zwei Grundwerte der japanischen Gesellschaft.

Als es am 20. März endlich soweit ist und das Meteorologische Institut Japans für Tokio offiziell vor dem grossen Rivalen Kyoto die Kirschblütenzeit ausrief, regnet es.  Was für einen Enttäuschung. Trotzdem liessen es sich viele nicht nehmen, die noch schwachen Knospen und Blüten zu bestaunen. Andächtig werden die Bäume umzingelt und Photos geschossen.

Am nächsten Tag scheint endlich die Sonne. Ob Yoyogi-Park oder Shinjuku, alles dreht sich heute um die Kirsche und ihre Blüte. Es wird Gepicknickt und Reiswein getrunken. Überraschend viel Reiswein und Bier und dann wieder Reiswein. Der Hanami ist eine feuchtfröhliche Angelegenheit. Der Japaner trinkt gerne mal einen, braucht dafür aber auch eine gute Ausrede und die hat er ja jetzt.

Wer ganz gut drauf ist, der dichtet ein Haiku, einen Dreizeiler mit 5, 7 und nochmals 5 Silben. Ich habe zwar keinen wirklich verstanden, doch ihr müsst Euch das so vorstellen:

Über dem Berg der Mond
Wirft selbst auf den Blütendieb
Gnädig seinen Schein.

oder

In allen Winkeln
Blieb die Kälte – doch sieh:
Die Kirschenblüte.

Na OK, ist schon schön die Kirschenblüte. Wenn der Ozean der Kirschblüten über die Stadt hereinfällt, dann ist das wie Weihnachten und Ostern zusammen. Doch nach einer Woche ist der Spuk vorbei. Die Blüten liegen am Boden und verrotten. Das macht mich irgendwie traurig. Ein ganzes Jahr warten, bis es wieder so weit ist?

P.S. Übrigens sind nicht alle Fotos wirklich von Kirschblüten. Gibts einige Experten unter Euch, die wissen, wo sich die Pflaumenblüte versteckt hat?

12 in 12 – Fisch, wie ihr ihn noch nie gesehen habt

Das soll schon alles sein? Enttäuscht trotte ich durch die zwei Hallen des Fischmarkts. Ein paar Stände links und rechts. Nicht grösser als der Fischmarkt im Hamburger Hafen. Das ist doch Tokio, das ist der Tsukiji Fish Market, gemäss Reiseführer der grösste und bekannteste Markt der Welt. Vielleicht hätte ich doch früher kommen sollen – um 3 Uhr morgens, damit ich einen Platz für die Thunfischauktion um 5 Uhr gehabt hätte. Vielleicht wäre das besser gewesen. Der Tipp aus dem unfehlbaren Internet, es reiche, wenn man vor 8 Uhr da sei, denn das Treiben sei dann noch genau so spannend, war mal wieder ein Flop.

Ich trete niedergeschlagen aus der letzten Markthalle  ans Tageslicht. Was ist denn das? Auf der anderen Seite der Strasse fährt ein Gabelstapler mit grossen Fischkisten. Schnell hinterher. Der Gabelstapler biegt um die Ecke und… da ist er. Majestätisch thront der Fischmarkt vor mir. Hallen über Hallen, Getümmel, Geschrei, Durcheinander und vor allem enorm viel Fisch. So ähnlich hatte ich es mir zwar vorgestellt.

Doch wenn man dann tatsächlich davor steht, fehlen einem einfach die Worte. Ich kann mir nicht verkneifen, kurz “wow” zu sagen und steuere auf den Markt zu. Der Tsukiji-Markt, der im Prinzip schon lange einem Modernen, neuen und natürlich viel besseren Fischmarkt Platz machen sollte, ist immer noch da – zum Glück.

Plötzlich befinde ich mich mitten im inneren Markt, wo die Grosshändler die ganz heissen Deals aushandeln. Ich weiss, dass man hier als Tourist eigentlich nichts verloren hat, doch ich lasse es mal darauf ankommen. Schliesslich gibt es nirgends ein Schild, das ich entziffern kann und mir den Durchgang verbietet.

Niemand scheint sich an mir zu stören. Hier wird Aalen das Genick gebrochen, werden Tintenfische fein säuberlich filetiert, mit grossen Sägen Thunfische auseinandergenommen, Krebse in Sägemehl gedreht und Seeigel geknackt und verpackt. Insgesamt gibt es hier 400 verschiedene Arten Fisch und Krustentiere – inklusive Walfleisch.

Irgendwas ist anders, als ich mir das vorgestellt habe. Irgendwas. Doch ich komme im Moment nicht drauf. 900 Grosshändler mit insgesamt 60’000 Angestellten haben hier ihre Bleibe. Sie sind seit Morgens um 3 Uhr vor Ort und packen kurz nach 9 wieder ihre Sachen. Hier kann man sich verlaufen. Unendliche Gänge und Fisch, so weit das Auge reicht.

Der Fischmarkt wurde während des grossen Erdbebens 1923, das grosse Teil Tokios verwüstete, zerstört. 12 Jahre dauerte es, ehe der Tsukiji Market fertiggestellt war und zwischen dem schicken Stadtteil Ginza und dem Sumida-Fluss  sein zu Hause fand. Etwas mehr als 80 Jahre später sollte der Markt im Vorfeld der olympischen Spiele weichen. Doch der Boden der neu gewählten Lokalität soll verseucht oder verschmutzt sein (so genau weiss das niemand) und alles ist erst mal auf Eis gelegt.

Die Thunfischauktion ist legendär. Am letzten Neujahrstag wurde für einen einzigen Thunfisch eine halbe Million Dollar hingeblättert.  Pro Tag werden bis zu 3000 Thunfische verscherbelt. Es gibt sie also noch, die Delikatesse des Meeres, deren Bestand Jahr für Jahr bedrohlich abnimmt. Die Japaner essen vor allem Blue Fin Tuna, was soviel wie Thunfisch mit blauer Flosse heisst. 80% der Blue Fins werden in Japan vertilgt – 80%!!!. Niemand isst so viel Fisch wie die Japaner.

Alles dreht sich in Japan um den Thunfisch. Während ich zu Hause ein gutes Stück Lachs-Sashimi jederzeit einem Stück Thunfisch vorziehe, bin ich in Japan mittlerweile auf den Geschmack gekommen. Das liegt daran, dass der Thunfisch bei uns meist nach Nichts schmeckt und mich teilweise gar anekelt. In Japan schmeckt der  Thunfisch wie aus einer anderen Galaxie. Wer einmal Fatty Tuna der höchsten Qualität gegessen hat, für den ist Thunfisch von Yo-Sushi oder wie auch immer Eure lokale Sushi-Spelunke heisst, gestorben. Hört sich total versnobbt an, ist aber Tatsache.

Ach ja, irgendwas ist hier anders, als ich mir das vorgestellt hatte, hatte ich euch doch erzählt, doch ich wusste nicht genau warum. Jetzt weiss ich es. Es riecht hier nicht nach Fisch. Kein Fischgeruch weit und breit. Das liegt wohl daran, dass der Fisch hier so frisch ist, wie sonst nur direkt vom Fischerboot. Weder die Aale, noch sonst einer der Fische riechen nach Fisch. Total überraschend.

Ach ja, ich kann dann auch gleich noch mit einem weiteren Vorurteil aufräumen. Japan sei teuer und der Fischmarkt auch. Alles falsch. Japan ist billiger als Europa und Fisch kriegt man wohl nirgends auf der Welt so günstig wie hier auf dem Markt in Tokio.

12 in 12 – Schuhe aus

Ihr habt bestimmt auch schon mal davon gehört, dass man in Japan so gut wie immer die Schuhe ausziehen muss, wenn man einen Raum betritt. Das ist keine Sage, sondern das ist tatsächlich so. Wer in Japan ein Haus betritt, der zieht seine Schuhe aus. Meist  stehen für die Gäste Hausschuhe bereit, oder man läuft ganz einfach in Socken oder Barfuss herum. Als ich hier in unserer Wohnung am ersten Tag die Treppe rauf rennen wollte, schrie Tomoko ganz entsetzt: “Halt, du hast die Schuhe noch an”….und als ich bei Uniqlo in die Umkleidekabine gehen wollte, um eine Hose anzuprobieren, rannte der Verkäuferwie von der Tarantel gestochen herbei, um mich darauf aufmerksam zu machen, dass die Schuhe vor der Kabine bleiben müssen.

Während es bei uns als engstirnig und penibel angesehen wird, wenn jemand seine Gäste darum bittet, die Schuhe auszuziehen, gilt es in Japan als respektlos, die Schuhe anzulassen.

Jeder hält sich daran. Sogar Einbrecher, die danach das ganze Haus leer räumen, ziehen zu allererst mal die Schuhe aus – hat man mir zumindest erzählt… Doch woher kommt dieser Brauch? Wisst ihr es? Ich dachte immer, dass die Sache mit den Schuhen einen ganz tiefgründigen philosophischen Grund haben muss. Irgendwas mit Zen oder Buddhismus oder Shinto muss das doch sein.

Weit gefehlt. Der Grund, warum man in Japan die Schuhe ausziehen muss, ist rein hygienischer Art. Man will damit die Wohnung schonen. Wer einige Hundert Jahre zurückdenkt, der versteht, warum das so ist. Japanische Häuser sind oft mit Strohmatten, den sogenannten Tatami ausgelegt. Wer dann von draussen mit seinen dreckigen Schuhen aus Matsch und Schlamm kam, der tat wohl daran, die Schuhe auszuziehen. Das hat sich bis heute so eingebürgert. In Mietverträgen gibt es gar eine Klausel, die das Schuhe tragen verbietet.

Ich habe mich daran gewöhnt, immer ohne Schuhe herumzulaufen, ja es gefällt mir. Vielleicht mache ich das zu Hause von jetzt an auch so – vielleicht…

12 in 12 – In Japan ohne ein zu Hause

Ich weiss nicht genau warum. Doch ich hätte mein ganzes Vermögen darauf gewettet, dass es in Japan keine Obdachlosen gibt. In einer Gesellschaft, die so gut durchorganisiert ist und in der viel getan wird, um den Schein zu wahren, hatte ich irgendwie vermutet, dass man das Problem der Obdachlosen unter den Teppich kehrt bzw. kurzer Hand beseitigt, was das auch immer heissen mag.

Umso überraschter war ich, als ich einen Steinwurf vom Imperial Palace einige Obdachlose im Park übernachten sah. In Plastikplanen eingewickelt mit Wucherbart und wirrem Haar, froren die sich bei rund 6 Grad einen ab. Das ist kein Einzelfall. Als ich gestern auf der Suche nach den Kirschblüten durch den Yoyogi-Park schlenderte, fielen mir unzählige Zelte auf, die im Bambuswald verstreut waren. Manche hatten ein Fahrrad vor der Tür und andere waren grösser, als die kleinen Zehn-Quadratmeter-Wohnungen, in denen die meisten Japaner leben.

Obdachlosigkeit gilt in Tokio als Schande. Die meisten, die hier ihr Zelt aufgeschlagen haben, verheimlichen ihren Status vor Freunden und Familie so gut das geht. Die meisten Obdachlosen sind über 70. Sie sind zu alt, um einen Job zu finden und zu arm, um sich eine Wohnung zu  leisten. Gemäss inoffiziellen Statistiken gibt es in Tokio rund 6000 Obdachlose – offiziell sind es weit weniger als 1000. In den japanischen Zeitungen werden sie “die Unsichtbaren” genannt, da sie sich hüten, auf den Strassen zu betteln und sich zurückziehen soweit das nur geht.

Die Regierung unternimmt mittlerweile einiges, um das Problem in den Griff zu bekommen. Auch immer mehr Non Profit Organisationen nehmen sich dem Schicksal der Homeless an. Den Japanern graust es davor, 2020, wenn die Olympischen Sommerspiele in Tokio stattfinden, Bilder mit Obdachlosen in den schönen Parks um die Welt zu schicken. Auch wenn das eine scheinheilige Motivation ist, im Endeffekt wird es helfen. Wenn sich die Japaner was vornehmen, dann schaffen sie es auch.

12 in 12 – Kunst oder keine Kunst?

Traditionelle japanische Kunst ist zwar zum sterben schön, doch kann auch etwas langweilig sein. Immer wieder die gleichen Kampfszenen der Samurai, Frauen im Kimono , Tempel, Hügellandschaften und Kirschblüten, ja natürlich Kirschblüten.

Doch was ist mit der modernen japanischen Kunst? Was hat Japan ausser Takashi Murakami und Yayoi Kusama noch zu bieten? Kein Event bietet dazu eine bessere Übersicht als die International Tokyo Art Fair, an der 150 japanische Top-Gallerien teilnehmen und ihr bestes Pferd im Stall ins Rennen schicken.

Dabei will ich euch gar nicht zu stark mit Namen langweilen und Euch einfach visuell zeigen, was es zu sehen gab. Ich bin beileibe kein Kunstkritiker und bitte, sagt mir wenn ihr das anders seht. Doch ich habe meine Eindrücke in drei Kategorien aufgeteilt: “Das ist Kunst”, “Das ist keine Kunst” und “Ist das Kunst?”

Das ist Kunst

Das ist keine Kunst

Ist das Kunst?

Einverstanden, empört oder entsetzt?

12 in 12 – Eulen nach Tokio tragen

Je süsser desto besser. Damit meine ich nicht die Bäckereien, die in Tokio wohl besser sind als irgendwo anders auf der Welt, sondern den Drang der Japaner alles knuddelig und allerliebst zu gestalten. Ein Maskottchen hier, ein Schlüsselanhänger da. Alles soll zauberhaft und liebenswert sein. Heile Welt wird in Japan gross geschrieben. Jedes Geschäft hat seine eigene putzige Comic-Figur und jedes Schild wird mit einem Cartoon ergänzt.

Der neuste Schrei in Tokio ist das Eulen-Café. Nachdem das Katzen-Café, von denen es in Tokio über 60 gibt und in dem du mit der Katze deiner Wahl Kaffee trinken kannst, schon wieder out ist, haben die Japaner die Eulen entdeckt. Wer wie Harry Potter mit einer Eule auf dem Arm seinen Kaffee oder Tee schlürfen will, der findet in Tokio unzählige Eulen-Cafés. Keine Ahnung, was die Tierschützer dazu sagen würden, doch den Japanern scheint es zu gefallen. Die stoischen Eulen lassen sich streicheln und machen gute Miene zum doch etwas bösen Spiel. So süss die Eulen sind. Die Animierdame vor dem Café schafft es nicht, mich zu begeistern. Ich lasse das Eulen-Café aus.

Wer lieber mit einem anderen Tier Kaffee trinken will, der wird in Tokio ebenfalls fündig. Im Igel-Café kriegt man eine Box mit einem kleinen Igel auf den Tisch gestellt. Den kann man dann (meist beim Schlafen) beobachten, so lange es einem Spass macht. Wer Eule und Igel langweilig findet, für den gibt es auch ein Café mit Falken, Kaninchen, Schlangen, Ziegen, Hunden und Frettchen.

All das ist nicht ganz so schlimm, wie es sich anhört. Die Tierhaltung ist den Umständen entsprechend sachgerecht und die Japaner gehen sehr behutsam mit ihren Kaffee-Gästen um. Doch schräg ist es auf jeden Fall.