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12 in 12 – Städterating New York

Der letzte Eintrag aus New York. Der Moment, die Stadt zu bewerten ist gekommen:

Ein Monat ist nicht viel Zeit, doch genug, um einen Eindruck zu gewinnen, wie eine Stadt tickt. Deshalb haben wir ein Städterating erarbeitet, das sich von den gängigen Modellen der Mercers dieser Welt unterscheidet. Wir achten weniger auf das Bildungssystem, das politische Umfeld und das Gesundheitssystem, sondern mehr auf Faktoren, die eine Stadt einzigartig machen. Das Rating in neun Kategorien geht von 1 (schlecht) bis 10 (grandios) und spiegelt unser rein subjektives Empfinden:

Die Leute: 6

Die New Yorker sind ein ehrlicher Haufen. Das bringt ihnen innerhalb der USA einen unfreundlichen Ruf ein. Das ist sicher nicht verdient, ist aber auch nicht ganz falsch. Verglichen mit dem sonnigen Gemüt der Los Angelinos sind die New Yorker ohne Frage einen Tick weniger nett.

Kulturelles Angebot: 10

Viel besser geht es nicht. Deshalb eine verdiente 10. Wem es hier langweilig wird, der ist selber schuld. Kultur en masse. Kleiner Kritikpunkt: Die Tickets am Broadway werden langsam lächerlich teuer.

Food: 8

New York war für mich mit London immer die beste Food-Stadt der Welt. Doch wenn man die Großstädte miteinander vergleicht, dann hat New York seinen Vorsprung mittlerweile aufgebraucht. Alles, was “Fine Dining” betrifft ist in New York absolute Spitze. Doch wenn es um Street Food geht, dann sind Los Angeles, Tokio, Bangkok und Mexiko City New York um Längen voraus.

Preisniveau: 4

New York ist teuer geworden, sehr teuer – fast zürichteuer…auch im nationalen Vergleich ist New York nur was fürs gut gefüllte Portemonnaie.

Öffentlicher Verkehr; 6

Die U-Bahn muss auf Vordermann gebracht werden. Zu wenige Züge, zu viele “Signaling Problems” und zu viel Geratter. Zudem währen mehr Linien zu wünschen, die Brooklyn mit Queens verbinden. Das Fahrradsystem ist zwar schön, doch auch hier herrscht im Vergleich zu Paris, London und Moskau Aufholbedarf.

Wetter/Klima: 6

Ich kenne das Klima dank fünf Jahren in New York zum Glück gut, sonst wäre das Rating noch etwas tiefer ausgefallen. Wer Jahreszeiten mag, der mag New York. Der Sommer ist heiss und feucht, der Winter kalt. Ich mag das Wetter, doch perfekt ist es sicher nicht.

Sicherheit: 8

Wie so viele Metropolen ist auch New York total sicher geworden. Das gilt nicht nur für Manhattan, sondern auch für Brooklyn und Queens. Das ist schön.

Fun/Feel-Good-Factor: 9

In New York kann man einfach ohne Plan loslaufen und spätestens an der übernächsten Ecke bleibt man hängen, da dort etwas Überraschendes passiert – eine Qualität, die nur wenige Städte haben. New York is fun!

Coolness/Kreativität: 8

New Yorker haben etwas cooles und Abgeklärtes an sich. Trotz Gentrifizierung gibt es immer noch kreative Ecken, auch wenn man dafür oft nach Brooklyn gehen muss. Sie “Supercreatives” sind in New York nicht mehr ganz so häufig zu finden, wie noch vor zehn oder zwanzig Jahren. Da haben Städte wie London, Berlin und Paris New York vielleicht gar den Rang abgelaufen. Zudem ruht sich die breite Masse etwas auf dem guten Ruf aus…

Gesamtergebnis: 65 Punkte. Das ist zusammen mit Moskau Platz 4 im Zwischenklassement.

Nächster Stopp: Paris.

 

12 in 12 – Brooklyn – Ein kleiner Reiseführer

Da ihr Manhattan ja bestimmt alle schon kennt und wir ja in Prospekt Heights im wunderschönen Stadtteil Brooklyn wohnen, möchte ich gerne meine Lieblingsplätze in Brooklyn mit Euch teilen. Getraut Euch, beim nächsten Besuch in New York nach Brooklyn zu gehen, ja vielleicht dort zu wohnen. Manhattan war gestern und Brooklyn ist heute. Hier gibt es noch Authentizität, Kreativität und Überraschungen an jeder Ecke. Hierher haben es die meisten Touristen noch nicht geschafft, obschon Nachbarschaften wie Park Slope, Gowanus, Prospekt Heights, Carroll Gardens, Williamsburg, Bushwick und mit Abstrichen auch Bedford Stuyvesant (BedStuy) so wunderschön lebenswert sind. In Brooklyn ist die gesamte Musikszene zu Hause, gibt es kleine Theater überall,hat sich die kreative Gastroszene festgesetzt und buhlen kreative Boutiquen um deine Brieftasche. Ach ja und Brooklyn ist sicher. Echt. Indianerehrenwort. Doch hier erstmal die Tipps:

Olmsted

Mitten in Prospect Heights haben Küchenchef Greg Baxtrom und der Farmer Ian Rothman zusammengespannt und geben dem Schlagwort Farm to Table im Restaurant Olmsted eine neue Dimension. Kreativste Küche ohne Firlefanz zu Brooklyn-Preisen stehen in diesem absoluten “Gem” ganz hoch im Kurs.  Baxtrom war vorher bei Blue Hill und in Norwegen und das spürt man. Der “Carrot Crepe  ist mit das Beste, was ich auf dieser Reise gegessen habe. Der Name des Restaurants stammt übrigens von Herrn Olmsted, dem Designer des Central und des Prospekt Parks.

Chuko

Der Ramen bei Chuko ist der vielleicht beste außerhalb Japans. Sowas Nudelsuppe zu nennen, wäre einfach ein Frevel. Was die Jungs hier an der Venderbuilt Avenue auf den Tisch zaubern, ist einfach nur Comfort Food pur und gleichzeitig grosse Kunst.

Alta Calidad

Ein Neuankömmling in Prospekt Heights ist Alta Calidad, ein mexikanisches Restaurant von Chef Akhtar Nawab, das nicht nur einen Tick besser ist, als alle anderen mexikanischen Restaurants in New York, sondern auch einen Tick kreativer. Die Heuvos Divorciados zum Brunch sind ein Gedicht.

L’Antagoniste

Sie waren die ersten, die auf Bedford-Stuyvesant gesetzt hatten und das mit klassischer französischer Küche. Wer hätte gedacht, dass das funktioniert. Kaum war man da, kam James Beard vorbei und von da an ging es für L’Antagnoniste von Erfolg zu Erfolg. Gemütlich eingerichtet mit Austern, Hummer, Fois Gras und allem, was den französischen Gastrohimmel so schön macht.

Doughnut Plant

Best Donuts – Period. Mehr braucht ihr nicht zu wissen. Geht zu Doughnut Plant. Hier das Ding mit Coconut-Creme.

Court Pastry Shop

Den Laden gibt es schon seit es Brooklyn gibt und die Mandelkekse  (Almond Cantucci) auch. Allein diese Köstlichkeit ist die Reise zu Court Party Shop an der Court Street in Carola Gardens wert.

 

12 in 12 – Der ungewöhnliche Aufstieg der Misty Copeland

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Mit 13  wohnte Misty Copeland mit ihrer Mutter und fünf Geschwistern  in einem schäbigen Motelzimmer auf engstem Raum. Sie hatte noch nie Ballett getanzt, geschweige denn Unterricht genommen.  Das war 1995.

Fast Foward…12 Jahre später.  Misty Copeland steht in der New Yorker Oper im Lincoln Center in Don Quixote auf der Bühne, ist die allererste schwarze Prima Ballerina des American Ballet Theater und schwebt mit ihrer fragilen und dennoch selbstbewussten Grazie wie auf einer Wolke über die Bühne. Damit zieht sich mich und das gesamte Publikum von der ersten Sekunden an in ihren Bann. Als der Vorhang fällt, springe ich begeistert auf und huldige das Genie Namens Misty Copeland mit einer minutenlangen Standing Ovation. Als ich ich umsehe, bemerke ich , dass sie alle stehen. Misty Copeland ist angekommen und zwar ganz oben.

Wie kam es, dass ein Mädchen, das bis sie 13 Jahre alt war, noch nie Ballett getanzt hatte, so eine Karriere hinlegte? In einem Beruf, wo es als zu spät gilt, wenn man mit 6 Jahren in die Ballettstunde kommt, weil Andere schon mit zwei oder drei Jahren angefangen haben.

Misty wollte Kunstturnerin werden. Seit sie klein war, trainierte sie dafür wie eine Wahnsinnige. Schon damals merkte sie, dass sie den Rhythmus im Blut hatte. Schliesslich war ihre Mutter schon eine Tänzerin. Doch in San Pedro, Kalifornien, mit allen Geschwistern in einem Motelzimmer war an Kunstturnen auf hohem Niveau, geschweige denn and  Ballett im Lincoln Center in New York, nicht  zu denken.

In der Schule besuchte Misty das sogenannte Drill Team, in dem eine Art künstlerisches Exerzieren gibt wurde. Ihre Lehrerin Elisabeth Cantine fiel sofort auf, das Misty anders war, als die anderen und  schlug ihr vor, die Ballettschule ihrer Kollegin Elisabeth Kantine zu besuchen. Misty sah Ballett als Ausweg aus der hoffnungslosen Situation zu Hause und begann zu tanzen. Sie war kräftiger als alle andern Schülerinnen, ihr Füsse grösser, ihre Figur weiblicher und ihre Haut dunkler. Dennoch war sie nach kurzer Zeit Klassenbeste und stellte alle in den Schatten.

Doch dann entschied sich Misty”s Mutter in eine andere Stadt zu ziehen und die Ballettschule war zu weit weg. Sie hatte keine Zeit mehr, Misty dort hinzufahren und verbot ihr, Ballett zu tanzen. Der Traum schien ausgeträumt. Doch ihre Ballettlehrerin liess nicht locker. Misty zog bei ihr und ihrem neuen Ehemann kurzerhand ein und verklagte ihre Mutter, die verlangte, dass Misty sofort nach Hause kommen sollte. Nach jahrelangem hin- und her setzte sich Misty durch, sprach daraufhin 15 Jahre nicht mehr mit ihrer Mutter. Ihre Entschlossenheit zahlte sich aus. Im Jahr 2000 schaffte sie das Undenkbare und wurde ins  American Ballett Theater aufgenommen. 2007 avancierte sie zur Solistin und wurde 2015 als erste schwarze Tänzerin zur Prima Ballerina des American Ballett Theater ernannt.

Der Weg dahin war mehr als nur steinig.  Mittlerweile ist Misty Copeland ein Superstar, der nicht nur auf der klassischen Ballettbühne, sondern auch im der Popkultur und dem modernen Tanz eine der ganz Grossen ist. Den Erfolg hat sie verdient. Was ich an diesem Abend im Lincoln Center gespürt habe, als ich Misty Copeland in Don Quixote auf der Bühne sah, werde ich nie mehr vergessen.

Schaut euch an, was Misty kann. Erst traditionell. dann modern:

P.S. Diese Mal sind die Fotos leider nicht von mir.

12 in 12 – Für immer auf Reisen?

Neun Monate bin ich nun auf Reisen. Ich kann mich noch gut an die Fragen meiner Freunde erinnern.

Wird dir da nicht irgendwann langweilig?

Ist es nicht schwierig, so lange von zu Hause weg zu sein?

Fühlt man sich in diesen Städten nicht einfach nur fremd?

Ist es zu Hause denn nicht einfach am Schönsten?

Hast Du keine Angst, dass Du danach keinen Job mehr findest?

Die Antwort auf alle diese Fragen ist ein klares NEIN.  Mir wird nicht langweilig, von zu Hause  weg zu sein macht mir nichts aus, denn ich habe mich bisher in allen Städten pudelwohl gefühlt und Angst, dass ich keinen Job mehr finde, habe ich auch nicht.

Wenn man sich immer nur darum Sorgen macht, was sein könnte, wenn alles schlecht läuft, dann macht man in seinem Leben nie was, bleibt zu Hause sitzen, sieht das Glas immer als halb leer, erweitert nie seinen Horizont, riskiert nie was und versauert. Irgendwann denkt man dann: Ach hätte ich nur…

Ich habe in diesem Jahr gelernt, dass man im Leben nur glücklich sein kann, wenn man sich nicht immer Sorgen um alles macht. Deshalb verfahre ich nach folgendem Prinzip (oder versuche es zumindest):

Ich mache mir Sorgen. Kann ich das, worüber ich mir Sorgen mache, ändern? Nein? Dann mache ich mir auch keine Sorgen.

Klar kann man nicht die Augen vor den wirklichen Problemen des Lebens verschliessen. Doch ich bin davon überzeugt, dass 90% aller Sorgen, die dann oft zu Konflikten, Streitereien, Diskussionen, Flaschen Entscheiden und Unglück führen, völlig unnötig sind.

Neun Monate – neun Städte. Drei Städte liegen noch vor mir. Ehrlich gesagt: Ich könnte nochmals 12 dranhängen und dann nochmals 12. Oder noch besser: 12 Städte in 12 Wochen; pro Stadt versteht sich. So intensiv wie auf dieser Reise habe ich noch nie gelebt. All die Eindrücke, die Begegnungen, die Erfahrungen und vor allem die Gewissheit, dass ich mich fast überall zurecht finden und wohl fühlen kann. Solange es nette Menschen gibt, bin ich zufrieden.

Doch es ist auch OK für mich, nach einem Jahr wieder nach Hause zu kommen; und damit meine ich Zürich. Ich mag es, gewisse Automatismen zu entwickeln, Vertrautheit und Geborgenheit zu spüren, bekannte Gesichter um mich zu haben und alles schon zu kennen. Mache ich mir auch ein bisschen Sorgen? fragt ihr jetzt bestimmt. Klar mach ich mir die. Wer weiss schon genau, wie man dann reagiert, wenn es so weit ist. Fragt mich in drei Monaten noch mal. Doch kann ich das jetzt ändern? Kann ich das beeinflussen?  Nein. Also, warum dann Sorgen machen?

 

 

 

12 in 12 – Die Kathedrale von Ground Zero

Ich habe am 11. September 2001 in New York gewohnt und die brennenden Twin Tower, die ich von unserem Dach am Waverley Place fassungslos angestarrt hatte, noch vor mir, als ob es gestern war. Die Zeit danach war die Schlimmste, aber auch die Schönste, die ich in New York verbracht habe. Die Schlimmste wegen der Trauer und der Ungewissheit, die Schönste, weil ich mich noch nie so verbunden mit New York und vor allem den New Yorkern gefühlt hatte. Das werde ich nie mehr vergessen.

Was danach kam, wissen wir alle. Der unnötige Krieg, Hass, Intoleranz und Terroranschläge – bis heute, 16 Jahre später. Nichts ist mehr so, wie es mal war und das liegt nicht nur am 9. September 2011, sondern vor allem daran, was danach kam.

Ich war in der Zwischenzeit oft in New York, denn ich vermisse die Stadt, die meine Freund auf Lebenszeit, also quasi mein BFF ist. Ich weiss. nicht genau warum. Doch zum Ground Zero hatte es mich bei keinem dieser Besuche getrieben. Bis jetzt.

Ich wollte weniger das Memorial, sondern mehr den neuen, Oculus genannten Bahnhof sehen, der mit sieben Jahren Verspätung vergangenes Jahr endlich fertig gestellt wurde. Das Gebäude neben den einstigen Zwillingstürmen des World Trade Centers wurde vom spanischen Stararchitekten Santiago Calatrava erbaut und kostete am Ende 3,85 Milliarden Dollar – knapp zwei Milliarden Dollar mehr als ursprünglich geplant.

Der Architekt, der in Zürich an der ETH studierte und dessen erstes Werk der Bahnhof Stadelhofen in Zürich war, hat nichts von seiner Kreativität verloren und bleibt seinem Konzept  aus der Tierwelt treu. Die 111 Meter langen und 49 Meter hohe Stahlrippen-Halle  erinnert an das Skelett eines Dinosauriers oder vielleicht auch and das Gerippe eines Gürteltiers. Man spüre dabei die Wiederauferstehung eines Tod gesagten, hat Calatrava mal gesagt. Besser könnte man es nicht beschreiben.

Von aussen soll der Bahnhof eine weisse, flatternde Taube darstellen. Auch der berühmte Phönix aus der Asche war ein Vorbild. Mich erinnert es allerdings mehr an den Amerikanischen Adler oder an ein unheimliches Fabelwesen.

Während ich  im Inneren des Gebäudes an Ruhe, Licht und Andacht denke, schiessen mir von Aussen eher Stichworte wie Angriff, Gefahr und Sturz  durch den Kopf. Das war wohl nicht die Absicht von Calatrava.

Doch egal – auf jeden Fall hat das Gebäude ohne Zweifel den Wow-Effekt auf seiner Seite. Wer in die grosse Halle tritt, der kommt nicht darum herum, in Ehrfurcht zu erstarren. Die Sonnenstrahlen, die von oben durch die Deckenfenster kommen, geben dem Ganzen ein himmlisches Antlitz. Trotz hektischem Treiben bleibt eine gewisse Grundruhe, die der Nervosität der Pendler gut tun.

Zum ersten Mal sehe ich auch das Ground Zero Memorial oder wie es offiziell heisst das National September 11 Memorial. An den Stellen der zerstörten Zwillingstürme befinden sich, „Fussabdrücken“ gleich, zwei grosse Becken. Diese sind mit einer Kupferumrandung versehen, in die die Namen der 2983 Menschen gefräst sind, die bei den Terroranschlägen vom 11. September 2001 und vom 26. Februar 1993 ums Leben kamen.

Unmengen von Wasser fliesst in ein schwarzes Loch in der Mitte des Memorial. Kein schöner Anblick wie ich finde. Das Wasser erinnert mich an  Sterblichkeit und Vergänglichkeit sowie die Plötzlichkeit des Todes. Unaufhaltsam fliesst das Wasser in das schwarze Loch und ist weg – für immer. Vielleicht soll genau das auch die Reaktion sein. Schliesslich ist hier kein Vergnügungspark, sondern ein Ort der Besinnung.

Weniger Lobenswert hingegen finde ich das noch dazugestellte Museum zu 9/11. Das Museum an sich mag zwar ganz OK sein. Doch dass man 25 Dollar dafür verlangt, seinen Respekt  zu erweisen und die Geschichte Revue passieren zu lassen, das finde ich nicht OK.

 

12 in 12 – FLEXN ist the new big thing

Contortion, Street Dance, Video Games, Gun Fights, Bone Breaking, Robotics und viel viel Kreativität – das ist FLEXN, der neue Trendtanz, der aus den Strassen Jamaicas und. vor allem den Dance Halls in Brooklyn bald die Welt erobern wird.

Es ist sowas von ansteckend, den FLEXN-Tänzern zuzusehen. Sie wachsen in der Hood auf, in der es oft keine Perspektiven gibt und tragen statt Messerstecher-Duellen, Tanzduelle aus. Sie verrenken sich, pausieren, drehen sich im Kreis und sind dabei graziös wie eine Ballerina und stolz wie ein Weltmeister.

Hinter ihnen steht der MC, der dazu einen Rap einlegt, spinnen die DJ’s coole Tracks und es wird geflachst, gelacht und gescherzt. So ähnlich muss es zu und her gegangen sein, als damals die ersten Breakdancer ihre Moves gezeigt haben. Doch FLEXN ist kein Abklatsch von Break Dance, sondern steht für sich alleine.

Die Armory in der Upper East Side (of all places) gibt den Street Kids Eine Opportunity of a Lifetime zusammen mit dem Künstlerprojekt The Shed und hat FLEXN zum ersten Mal einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Anders als Break Dance oder Electronic-Dance hat FLEXN seine eigene Identität und Sprache im Bereich des Postmodernen Tanzes.

FLEXN ist mehr als nur einTanz. FLEXN ist eine Lebenseinstellung. Entsanden in Folge der Gerichtsurteile und der Aufregung um Rassismus in Zusammenhang mit Michael Brown in Ferguson, Missouri, und Eric Garner in New York City, wurde diese kraftvolle Arbeit unter der Regie des FLEXN-Pioniers Reggie (Regg Roc) Gray und des Regisseurs Peter Sellars ins Leben gerufen.

Die Tänzer strahlen grosse Menschlichkeit aus. Alles ist improvisiert und “real”. FLEXN steckt and und macht Spass. Oft sind die Story Lines brutal. Schiessereien mit tödlichem Ausgang, Prügeleien und die Flucht vor der Gefahr stehen immer wieder im Mittelpunkt.

Hier entsteht gerade etwas Grosses. Von Brooklyn auf die Bretter, die die Welt bedeuten. FLEXN oder auch Flexing oder manchmal Bone Breaking (weil die Bewegungen so insane sind) heisst der Tanz. Merkt es Euch: FLEXN is the thing.

Hier ein Video aus der Show aus dem Armory:

12 in 12 – Das vergessene Stadion ist auferstanden

Nothing ever happens in Queens. Der New Yorker Stadtteil, der gleich viele Einwohner wie Manhattan und Brooklyn hat, ist langweilig. Der Ruf eilt Queens oft zu Recht voraus. Zwar gibt es schöne “Pockets” wie Jackson Heights, Astoria oder Flushing, Doch insgesamt kann man Queens durchaus links liegen lassen….bis vor Kurzem.

Der Grund, warum Queens wieder von sich Reden macht, ist das Forrest Hills Stadium, dieses Amphitheater des West Side Tennis Clubs im Stadtteil Forrest Hills vor den Toren der Stadt. 68 Mal wurde hier das US Open ausgetragen (Flushing Meadows eat your heart out), 10 Mal der Davis Cup Final und in den 60er und 70er Jahren traten hier die Beatles, die Stones, Frank Sinatra, Barbara Streisand, Jimmy Hendrix und Bob Dylan in legendären auf.

Doch seit 2011 stand das Amphitheater, das für 14000 Zuschauern Platz bietet, leer und drohte zu verfallen. Bis sich eine Gruppe findiger Unternehmer zusammensetzte, ignorierte, dass das Stadium in langweiligen Queens steht und kurzerhand die Renovation beschloss.

Jetzt tritt hier wieder auf, was Rang und Namen hat – im schönsten Stadion New Yorks, ja vielleicht sogar Amerikas. Jeder Platz bietet erstklassige Sicht, der Sound ist grandios und die Infrastruktur hält die Balance zwischen Modern und Vintage wie nirgends anders.

Als The XX auf die Bühne treten und ihr Song Crystalized aus den Lautsprechern schallt, weiss ich, dass das heute ein besonderer Abend wird. Forrest Hills Stadium und The XX. Ein weiterer historischer Abend im Forrest Hills Stadium

12 in 12 – Donald, wo sind deine Supporter?

Ich kenne persönlich kaum jemanden, der für Donald Trump abgestimmt hat. Dennoch, er ist amerikanischer Präsident und hat die deutliche Mehrheit der US-Bundesstaaten gewonnen.

Im Moment gibt es an den Stammtischen New Yorks nur ein Thema: Gibt es ein Impeachment gegen Donald Trump, tritt er irgendwann freiwillig zurück, stolpert er über die Russland-Affäre, die Entlassung des FBI-Chefs, innerparteiliche Streitigkeiten oder wird er sonst wie aus dem Amt gedrängt?

Hier in New York gibt es überall Anti-Trump-Kundgebungen. Mal sind es  nur eine Handvoll Demonstranten, dann Hunderttausende, die gegen das “Regime Trump” durch die Strassen ziehen. Wenn man Umfragen glaubt, hat Trump jedoch noch immer eine starke Mauer hinter sich. Der mittlere Westen und der Bible Belt sind klar pro Trump und nennen die Impeachment-Rufe eine Hexenjagd.

Doch eine Frage stelle ich mich schon: Wo sind diese Leute, für die Trump der Retter in der Not, der vom Himmel gesandte, der Auserwählte, ja der Glücksfall des Jahrtausends ist? Wo sind die? Warum gehen die nicht auf die Strasse und demonstrieren dagegen, wie ihr Präsident behandelt wird? Leave our president alone! We don’t want a biased media! lies, lies, lies, lies! sollte es durch die Strassen von New York, Chicago, Washington, Saint Louis und Denver schallen.

Doch nichts dergleichen. Sie machen die Faust im Sack, schauen Fox News und glauben daran, dass alles wieder gut wird. Donald wirds schon richten. Er hat gesagt, das alles Ok sei und ist drauf und dran, das Land so zu entzweien, wie es noch kein anderer Präsident vor ihm getan hat.

Wo seid ihr, ihr Trump-Supporter?

 

12 in 12 – Feministin ohne Hidden Agenda

Es gibt kaum etwas faszinierenderes und Schöneres als eine starke Frau. Frida Kahlo ist so ein Beispiel aus der Kunstwelt. Doch die Königin aller starken Frauen ist für mich Georgia O’Keeffe. Sie schaffte es, ohne wirklich darauf aus zu sein, der Welt in einer Zeit, als Feminismus noch in ihren Kinderschuhen steckte, zu zeigen, dass jeder, egal ob Mann oder Frau, ein unabhängiges und bedeutungsvolles Leben führen kann.

Georgia O’Keeffe (1887-1986)ist die bekannteste und erfolgreichste US-amerikanische Malerin. Besonders ihre stark vergrösserten, fast abstrakten Blumenbilder sind weltberühmt. Aber nicht nur als Künstlerin fand sie grosse Beachtung.

Sie faszinierte durch die Kraft ihrer persönlichen Ausstrahlung, denn sie war “von ungewöhnlicher Schönheit, Spontaneität, Klarheit des Geistes und Gefühls und von wunderbarer Intensität, mit der sie jeden Augenblick ihres Lebens auskostete.” (Stieglitz) Sie war schlagfertig und konnte umwerfend direkt sein. Für die Jüngeren verkörperte sie die unabhängige, kreative Frau, die unbeirrt ihren Weg ging, nie bereit zu Kompromissen, die sie am Malen hinderten.

Ihre Ausstellung im Brooklyn Museum mit ihren Blumenbildern, die für viele Betrachter ein Abbild des weiblichen Fortpflanzungsorgans darstellen, ihren Landschaftsmalereien aus New Mexico und vor allem den Fotographien ihrer Person, haben mich schwer beeindruckt. O’Keeffe hatte ohne das wirklich zu wollen, eine Persona kreiert, die Stolz, Unnahbarkeit, Intellekt und Freiheit verkörperte. Ihr Mentor und Ehemann Alfred Stieglitz, seinerseits ein begnadeter Fotograf, verblasste im Endeffekt in ihrem Glanz.

Wenn ich Kunst sehe, dann geht es für mich nicht nur um das Ergebnis, sondern um das Konzept und auch die Person, die hinter diesen Bildern steht. Georgia O’Keeffe ist ein Vorbild für alle, nicht nur für Frauen, aber doch besonders für das weibliche Geschlecht. Gleichberechtigung als Grundvoraussetzung ohne daran je zu Zweifeln. So sollte es sein.

12 in 12 – An Hamilton kommt keiner vorbei

Ich hatte meine Chance. Als ich vor zwei Jahren auf einen Zwischenstop nach New York kam, gab es in der Stadt nur einThema: Das Hip-Hop-Musical Hamilton, das alle Regeln der modernen Kunst bricht, sie wider zusammensetzt und niemanden aber auch gar niemanden kalt lässt. Eine Freundin, die fürs Public Theater arbeitet, hatte mir ein Ticket organisiert. Dummerweise hatte ich für den gleichen Abend schon Theaterkarten und zwar für Fish in a Bowl mit Seinfeld-Creator Larry David.  Larry konnte ich einfach nicht im Stich lassen und verzichtete auf Hamilton. Ja, ein Fehler, ich weiss…ziemlich ähnlich wie damals 1991, als ich mich für The Wonder Stuff und gegen Nirvana entschieden hatte, als die beide zeitgleich in Boston auftraten (doch das ist eine andere Geschichte).

Zwei Jahre sind vergangen. Seither ist Hamilton die erfolgreichste Broadway-Aufführung aller Zeiten geworden. Karten sind unmöglich zu kriegen und wenn man sie dennoch unbedingt will, dann kosten auf dem Schwarzmarkt noch immer rund 2000 Dollar.

11 Tony-Awards und einen Pulizer-Preis später weiss in Amerika auch das kleinste Kind, wer Alexander Hamilton war.  Er war einer der Gründerväter der Vereinigten Staaten, massgeblich an der Verfassung des Landes beteiligt und der grosse Denker hinter dem modernen amerikanischen Finanzsystem – genau der Stoff aus dem erfolgreiche Musicals geschneidert werden.

Diese Mal hatte ich es schon aufgegeben. Weder die Lotterie, irgendeine Ticket-Website noch andere Quellenhatten zum Erfolg geführt. Kein Ticket für Hamilton. Die allerletzte Chance war das gute alte Anstehen. Ich hatte gehört, dass die Leute jeweils um 7 Uhr Morgens schon vor der Tür stehen, um dann um acht Uhr Abends endlich drin zu sein. Fast zufällig liefen wir um kurz vor fünf Uhr Nachmittags am Theater vorbei. Da gab es in der Tat eine Schlange. Doch mehr als 15 Leutestanden zu diesem Zeitpunkt noch nicht an.

Ich stell mich mal dazu. Der Polizist, der aufpasst, dass niemand einen Schwarzmarkt eröffnet, sagt: “Zwischen sieben und 20 Leute kriegen jeweils ein Ticket. Ihr habt eine Chance.” Neben mir tritt die Kulturkritikerin des Guardian nervös von einem Bein aufs andere. Sie steht auch an. “Ich kenne alle Publizisten und für Shows wie Groundhog Day habe ich beste Karten umsonst bekommen. Doch als ich nach Hamilton-Karten fragte, haben sie mich ausgelacht,” sagt sie.

Ich mache es kurz. Bis kurz vor acht lief gar nichts. Dann etwas Bewegung. Die Studenten, die ganz vorne in der Schlange stehen, verzichten auf die ersten Karten, da sie auf die günstigen Stehplätze warten. Nur noch 4 Wartende vor mir. Es schlägt acht Uhr. “Bitte an die Kasse”, sagt der Aufpasser. Ich gehe nach vorne, halte meine Kreditkarte hin und will gar nicht wissen, wie teuer der Platz ist. “Das ist die letzte Karte” sagt die Kassiererin. Wow. Ich habe das zweifelhafte Vergnügen, kurz vor die Tür zu gehen und die Bad News zu verbreiten. Dann ab in den Saal. Fünfte Reihe mittendrin bei Hamilton.

Vorhang auf:

How does a bastard, orphan, son of a whore and a
Scotsman,
dropped in the middle of a forgotten
Spot in the Caribbean
by providence, impoverished, in squalor
Grow up to be a hero and a scholar?

Lin-Manuel Miranda heisst das Genie, das die Idee hatte, ein Musical aus der Geschichte dieses Immigranten zu machen, die Rollen mit einem bunten ethnischen Mischmasch zu besetzten, einen Ohrwurm nach dem anderen mit reinzuschmeissen und alles im Hip-Hop-Style zu schreiben. In punkto Musical wohl das Beste, was ich je gesehen habe.

Damit ihr einen kleinen Eindruck erhaltet, worum es geht und warum der Hype so unendlich gross ist, hier ein Video aus dem Jahre 2009, Jahre bevor das Musical fertig war im White House in Washington. Bitte, schaut Euch das an – ich flehe euch an. Da werden die Tränen kullern. Niemand wusste damals, wer Lin-Manuel Miranda war, geschweige denn Alexander Hamilton. Jeder, der sagt, Musicals seinen nichts für ihn und er sei viel zu männlich für sowas – wait and see: