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12 in 12 – Städterating Sydney

Das ist der letzte Eintrag aus Sydney. Der Moment, die Stadt zu bewerten, ist gekommen.

Etwas mehr als ein Monat ist nicht viel Zeit, doch genug, um einen Eindruck zu gewinnen, wie eine Stadt tickt. Deshalb haben wir ein Städterating erarbeitet, das sich von den gängigen Modellen der Mercers dieser Welt unterscheidet. Wir achten weniger auf das Bildungssystem, das politische Umfeld und das Gesundheitssystem, sondern mehr auf Faktoren, die eine Stadt einzigartig machen. Das Rating in neun Kategorien geht von 1 (schlecht) bis 10 (grandios) und spiegelt unser rein subjektives Empfinden:

Die Leute: 7

Die australische Lockerheit ist sicher ansteckend. Doch unter der lockeren Oberfläche gibt es durchaus auch eine gewisse Staatshörigkeit. In Australien gibt es mehr Regeln als in den meisten europäischen Ländern

Kulturelles Angebot: 8

Dafür, dass Sydney am Ende der Welt liegt, ist das Angebot absolut erstklassig. Festivals en Masse, eine vibrierende Musikszene, Theater, Museen. Alles is auf internationalem Top-Niveau. Eine wahre Freude.

Food: 7

Dass Australien eine Vielfalt an gastronomischen Einflüssen bietet hat wohl zwei Gründe: Erstens gibt es keine australische Küche und so ist der Australier offen für alles und zweitens ist Australien und insbesondere Sydney ein Einwandererhub. Besonders die asiatische Küche ist hier absolute Spitze. Die Qualität der Zutaten ist zudem “out of this world”.

Preisniveau: 5

Wenn man vorher in Mexico City und Buenos Aires war, dann muss man sich erst wieder an die höheren Preise gewöhnen. Doch unter dem Strich ist Australien nicht teuer. Wenn man ein wenig aufpasst, wo man was kauft, dann ist Australien durchaus mit Europa vergleichbar.

Öffentlicher Verkehr: 6

Der ÖV in Sydney ist verbesserungsfähig. Zu wenige Metro-Linien, kein öffentliches Fahrradsystem und oft starker Verkehr führen oft zu Wartezeiten. Was allerdings cool ist, sind die öffentlichen Schiffs-Linien, die einen je nach Wohnort direkt zur Arbeit bringen.

Wetter / Klima: 8

Sommer ist Winter und Winter ist Sommer, wenn ihr wisst was ich meine. In Sydney ist es das ganze Jahr über schön. Manchmal wird es etwas gar warm, doch dann ist die Abkühlung an einem der 70 Strände der Stadt nicht weit.

Sicherheit: 9

In Sydney gibt es glaube ich das Wort Kriminalität gar nicht. Hier fühlt man sich absolut sicher.

Fun/Feel-Good Faktor: 8

Spass haben kann man in Sydney eine ganze Menge. Alles ist einen Tick lockerer und einfacher.

Coolness/Kreativität: 6

Sydney ist nicht die kreativste aller Städte. In Australien gibt da Melbourne den Ton an. Hier ist man eher etwas konservativ und traditionell. Doch das muss nicht zwangsläufig was Schlechtes sein.

Total: 64 Punkte

Das ist Platz drei, gleichauf mit Buenos Aires und ganz knapp hinter Mexico City und Moskau. Hier noch der Überblick:

12 in 12 – Australia rocks!

Australien braucht den Vergleich mit England oder den USA nicht zu scheuen, wenn es um gute Musik geht. Über die letzten Wochen habe ich coole australische Bands und Künstler gesehen, in mindestens so coolen Venues in Sydney wie der Oxford Art Factory, dem Newtown Social Club, der Recital Hall, der St. Stephen’s Uniting Church, dem Metro Theater, der Record Crate oder in Melbourne in der Sydney Meyer Music Bowl und dem Northcote Social Club. Das sind die Bands und Songs, die ich Euch gerne näher bringen möchte:

Mein Lieblingssong im Moment von Olympia alias Olivia Bartely heisst Smoke Signals und ist ein Ohrwurm der klassischen Art. Noch ist Olymipa Grassroots, hat aber grosses Potenzial. Hier die Live-Version von Smoke Signals für den Radiosender Triple-J:

Dann die Stimme der umwerfenden Wafia, die vor einer grossen Karriere steht. Adele meets Weyes Blood. Etwas Schmalz aber was fürs Herz.

Middle Kids sind eine coole Rockband, die mit dem Song “Edge of Town” im Radio hier viel Airplay kriegen.:

Ein grosses Talent ist Owen Rabbit. Ein Soundtüftlter erster Klasse:

Dann noch der neuste Song von Methyl Ethel. Die Band mit ihrem zweiten Album, das zeigt, dass die Jungs nicht stehen geblieben sind:

D.D. Dumbo ist das wohl kreativste, was Australien im Moment zu bieten hat. Sein Debut-Album, das auf dem legendären Label 4AD erschienen ist, ist ein “Grower”. Erinnert mich an The Police, falls euch das noch was sagt…:

Dann noch was, das ich Euch mit einem Augenzwinkern ans Herz lege. Live echt ein Erlebnis. Donny Benét wie er leibt und lebt. Very 80’s:

12 in 12 – Die Reise der Blume

Geblüht

Die Blume blüht. Zartrosa oder grell in Rot.

Sie ist perfekt, ohne Effort und Anstrengung.

Sie kann nicht sprechen,  hat aber eine magnetisierende Ausstrahlung.

Die Blume buhlt um die Gunst der Retterin. Mit ihrer Schönheit  und ihrem Duft lockt sie.

Sie hat nicht lange Zeit, denn die Blüte ist vergänglich.

Doch der Erfolg ist ihr gewiss.

Die Biene naht, setzt sich auf die Blume und schabt den Blütenstaub mit ihrem Oberkiefer und Vorderbeinen ab.

Dabei befruchtet sie das Blütenorgan der  Blume.

Die Blume strahlt. Ihre Aufgabe ist erfüllt. Es wird bald neue Blumen geben.

Die Blume weiss, dass sie jetzt in Ruhe vor sich hin blühen kann. Das Leben der Blume ist simpel und schön.

Die Fotos habe ich im Royal Botanic Garden in Sydney aufgenommen, vielleicht der schönste Park der Südhalbkugel. Die Vegetation in Australien ist spektakulär. Eine Augenweide und was fürs Herz und das Gemüt.

12 in 12 – Die Rettungsschwimmer von Bondi Beach

Da sticht mich doch was im Wasser. Aua, das brennt. Was ist das bloss? Ich hoffe keine Würfelqualle, deren Berührung  tödlich enden kann. Doch sind die nicht mehr im Nordosten Australiens zu Hause? Daumen drücken. Ich schwimme sofort an Land zurück und warte erstmal ab. Das Brennen lässt nicht nach. Was soll ich nur machen? Wieviel Zeit habe ich noch, bevor das Gift wirkt? Soll ich einen der Rettungsschwimmer fragen, ob er mir helfen kann oder mache ich mich da nur lächerlich? Egal. Better safe than sorry. Ich gehe auf den Rettungsschwimmer zu und erkläre ihm, was passiert ist. Ach ja, das war sone Qualle, meint er. “Don’t worry man. Put some ice on it and the pain will go away in a bit”. Aha, dacht ich es mir doch. Fehlalarm. 15 Minuten später war der Schmerz wieder weg.

Nicht Pilot oder Lokomotivführer und auch nicht Feuerwehrmann, sondern Rettungsschwimmer in Bondi Beach ist der Traumjob jedes australischen Kids. Der berühmteste Strand Australiens und einer der besten Surfspots der Welt, zieht sie alle an, ob Sprachstudent oder Hollywood-Star. Der weisse Sand, das türkise Wasser und die oft riesigen Wellen sind einzigartig. Bondi Beach ist denn auch als nationales Denkmal geschützt. Das alles als Rettungsschwimmer jeden Tag sein zu Hause zu nennen, sieht in der Tat wie ein Traumjob aus – wären da nicht die 5000 Rettungseinsätze pro Jahr und der superharte Fitnesstest, den jeder Rettungsschwimmer bestehen muss, bevor er ein Bondi Lifeguard wird.

Logisch, dass die Action am Strand auch in einer Reality Show festgehalten wird. Seit 2006 gibt es “Bondi Rescue” im australischen Fernsehen. Kaum zu glauben, was es am Strand an einem ganz gewöhnlichen Tag so alles zu tun gibt. Jahr für Jahr räumt “Bondi Rescue” den Preis für das “Most Popular Factual Program” in Australien ab. Die Rettungsschwimmer sind mittlerweile kleine Stars, die alle paar Minuten um ein Selfie gebeten werden.

Aaron Graham ist seit 17 Jahren Rettungsschwimmer in Bondi Beach.  Seit er laufen kann, steht er auf dem Surfboard und zwar jeden Tag. Da lag die Karrierewahl Rettungsschwimmer irgendwie auf der Hand. Nicht jede Rettung ist erfolgreich, Er erinnert sich an einen asiatischen Studenten, der die Strömung völlig unterschätzt hatte und Anfang Jahr ertrank. Sie hatten alles versucht, um ihn wieder zu beleben, Doch es sollte nicht sein. Wohl sein schwärzester Moment als Rettungsschwimmer. “Die Augen immer auf dem Wasser haben. Immer auf dem Wasser” ist sein Hauptratschlag an andere Rettungschwimmer.  Ob er auch schon Mal Damen gerettet hat, die nur vorgetäuscht haben, am ertrinken zu sein? Ja, das passiert immer wieder. Doch das seien meistens rundliche Pommies, lacht er.

Jeder kennt die Rettungsschwimmer von Malibu aka Baywatch. Doch Bondi Rescue muss sich hinter denen bestimmt nicht verstecken. Die Jungs sind cool, haben die Sache im Griff und nehmen alles nicht ganz so ernst. Genau das macht die Life Guards von Bondi Rescue aus. Ihr wollt auch ein Bondi Life Guard werden und wundert euch, was man dabei so verdient? Das sind maximal 60000 australische Dollar, was weniger als 40’000 Euro entspricht. Immer noch interessiert?

Ach ja, ein richtiger Bondi Rescue Lifeguard ist übrigens nur der in einer blauen Uniform. Die rot-gelb gekleideten Lifeguards mit ihrem eher lustigen Käppchen sind Freiwillige, die an anstrengenden Tagen ganz unentgeltlich aushelfen.

Und noch ein Clip aus der TV-Show Bondi Rescue:

12 in 12 – “Australian Humor”

Wer “Australian Humor” googelt, der findet als allererstes Ergebnis einen Eintrag auf der Website der australischen Regierung, die einem ganz offiziell erklärt, was australischer Humor genau ist.  Humor erklären ist zwar immer so eine Sache – doch das steht da drauf:

“Australian humor has a long history that can be traced back to our origins as convict colonies. It is therefore no surprise that a national sense of humour quickly developed that responded to those conditions. This unique sense of humour is recognised (although maybe not always understood) the world over as being distinctly Australian. Our humor is dry, full of extremes, anti-authoritarian, self-mocking and ironic.”

Ich kann mich an australische Filme wie Muriel’s Wedding, Strictly Ballroom und natürlich Crocodile Dundee mit dem legendären Paul Hogan erinnern, die mein Bild von Australien geprägt haben. In der Tat ist es kein Klischee, dass die Australier immer alles etwas lockerer nehmen.  Schon allein das kollegiale “mate”, wenn man jemanden trifft, lockert ein Gespräch auf und das altbekannte “no worries” entschärft jede unangenehmen Situation.

Mein  neuer australischer Lieblings-Comedian ist übrigens Sam Simmons, der damit Jim Jeffries abgelöst hat. Der ist mit seinem preisgekrönten Programm “Not a People Person” neulich im Sydney Opera House aufgetreten und ist sowas von schräg. Er hat Känguruhände…Das müsst ihr Euch anschauen:

Und noch ein Schmankerl von früher:

12 in 12 – To be or not to be

Das Tie-Break geht an Cagla Buyukakcay. Mit 7:1 hat die 28-jährige Türkin das Entscheidungsspiel im zweiten Satz gegen die 20-jährige Französin Oceane Dodin, die Nummer 72 der Welt, souverän gewonnen. Das Momentum ist klar auf der Seite  von Buyukakcay, der Nummer 86 der Welt. Der dritte Satz sollte für die Türkin nur noch Formsache sein. Die zweite Runde des Australian Open ist greifbar nahe.

Die Französin ist enorm verunsichert. Nach jedem Ballwechsel sucht sie den Blickkontakt zu ihrem Coach, der direkt neben mir sitzt. Immer wieder zupft sie ihr blauweisses Tenniskleid zurecht. Sie ist nervös. Oceane Dodin hat kaum Erfahrung in grossen Turnieren, geschweige denn in einem Grand Slam. Soll sie auf Angriff spielen oder lieber abwarten, bis die Gegnerin den Fehler macht? Nach dem enttäuschenden Tie-Break hat sie den Faden völlig verloren.

Buyukakcay merkt das und versucht, die Sache so schnell wie möglich klar zu machen. Sie schlägt auf und rennt sofort ans Netz. Doch Dodin parriert. Der Return knallt unerreichbar genau auf die Linie. Sie führt unverhofft 0:15. Ihr Trainer murmelt neben mir unaufhörlich und ruft immer wieder auf den Platz. Ist das nicht verboten, geht mir durch den Kopf. Doch auf den Aussenplätzen gibt es kaum jemanden, der das unterbinden würde. Wir sind schliesslich nicht auf dem Center Court.

Dodin wartet geschickt ab. Sie spielt nur mit und lässt die Türkin die Fehler machen. Die Strategie geht auf.  Sie schafft das Break zur 1:0 Führung. „Weiter so“, ruft ihr Coach. Schnell steht es im entscheidenden Satz 4:0. Buyukakcay ist stinkesauer und haut ihren Schläger mit voller Wucht auf den Boden. Das Racket bricht und sie schreit etwas Unverständliches Richtung Schiedsrichterin. Keine Verwarnung? McEnroe wäre für sowas damals wohl direkt vom Platz geflogen.

Plötzlich kommt die Türkin wieder in Fahrt. Ein Ass, ein Passierball, ein Aufschlagswinner und ein präziser Lob. 4:1. Jetzt den Aufschlag der Französin durchbrechen. Doppelfehler, Long Line Winner, Stoppball und Netzroller. Plötzlich steht es nur noch 4:2. Der Trainer neben mir rutscht unruhig auf seinem Stuhl hin und her. Wieder der hilflose Blick seines 20-jährigen Schützlings. „Was soll ich jetzt machen“, steht in ihren Augen geschrieben.

Buyukakcay schlägt auf. Sie hat das Momentum auf ihrer Seite. Noch ein Aufschlagspiel durchbringen und dann das Break und schon ist sie wieder gut dabei. Der erste Aufschlag sitzt. Dodin bringt ihn nicht über das Netz zurück. Der zweite Return der Französin ist auch zu lang. 30:0. Jetzt platzt dem Trainer neben mir der Kragen. Sein Schützling ist drauf und dran, den sicher geglaubten Sieg noch aus der Hand zu geben. „Du musst die Punkte suchen”, schreit er. „Nicht abwarten. Du schaffst das“, doppelt er nach.

Die Punkte suchen. Das sass. Dodin geht offensiver ans Werk. Der erste Return geht wie an der Schnur gezogen der Outlinie entlang genau auf die Grundlinie. 30:15. Dann ein Volley ins Halbfeld, der für die Türkin unerreichbar ist – 30:30. Ein Doppelfehler führt zum Breakball. Auf dem Court wird es unruhig. Allen ist bewusst, dass das die Entscheidung sein würde. Fingernägel beissen, vereinzelte Zurufe und dann das Psssssst vom Schiedsrichter. Der Aufschlag kommt, der Return sitzt. Die Türkin erwischt ihn zwar noch, kann den Ball aber nur hoch und viel zu kurz zurückspielen. Dodin nimmt Mass und haut den Smash mit einer enormen Wucht genau auf die Linie. Das Game gehört ihr.

Der nächste Aufschlag ist nur noch Formsache. Sie gewinnt das Spiel und zieht mit 7:5, 6:7, 6:2 nach 2 Stunden 22 Minuten in die zweite Runde ein. Den Tränen nahe bedankt sie sich bei ihrer Gegnerin und schaut vollends glücklich zu ihrem Coach. „Gut gemacht!“ Auch er strahlt über beide Backen. „Das war nicht grosses Tennis, aber Hauptsache gewonnen“, murmelt er vor sich hin.

Die kleinen Schicksale sind oft viel interessanter als die Grossen. Wenn Stanislav Wawrinka am Australian Open eine Runde weiter kommt, dann verändert sich das Leben von Stan The Man kaum. Wenn aber auf Platz 15, ganz weit weg vom Glamour des Center Courts, Oceane Dodin mit ihren 20 Jahren ein Spiel am Australian Open gewinnt, dann verändert sich von einer Sekunde auf die andere ihr ganzes Leben. Statt beim nächsten Turnier wieder durch die Qualifikation zu müssen und dann bei weiteren Niederlagen zu riskieren, überhaupt nicht mehr eingeladen zu werden, ist Dodin jetzt wohl auch bei Roland Garros und Wimbledon im Hauptfeld dabei. Ein Spiel weitab des Glamours mit grosser Wirkung. “Sein oder nicht sein” in einem auf den ersten Blick hundsgewöhnlichen Erstrundenspiel in Melbourne.

12 in 12 – Mind the Gap

Die Wellen schlagen gegen die Klippen, das Wasser ist kristallklar, der Wind weht kräftig und die Luft riecht gut, irgendwie nach Freiheit. The Gap ist ohne Frage einer der schönsten Plätze in Sydney. Gleich hinter der Watson Bay, nur einen kurzen Trip mit der Fähre vom Sydney Harbor, liegt der Teil eines Nationalparks, der zu einem romantischen Spaziergang einlädt.

Ich geniesse die Aussicht und denke, hier kann man so richtig in sich gehen und das Leben geniessen. Da stosse ich auf ein eigenartiges Schild. “Hold onto HOPE. There is always HELP.” steht da drauf. Was ist das denn. Das hört sich irgendwie nach Religion oder Sekte an. Was hat so ein Schild denn hier auf dem schönen Wanderweg zu suchen?

Bei genauerer Betrachtung wird schnell klar, dass es sich hier nicht um die Botschaft einer Sekte handelt, sondern um ein von der Stadt aufgestelltes Schild, das die Leute davon abhalten über die Klippen in den Tod zu springen. Oops…

Ein paar Meter vom Schild entfernt steht eine Notrufzelle. “This phone offers a Lifeline” steht da. “Are you thinking of suicide? You are not alone. Talk to someone you trust or call Lifeline” geht es weiter.  Soviel zur guten Stimmung und zur lebensbejahenden Wirkung der Klippen von The Gap. Ich befinde mich tatsächlich genau an dem Ort, an dem sich in Australien die meisten Leute das Leben nehmen. The Gap ist weltweit einer der zehn Orte mit den meisten Selbstmorden. Nur die Golden Gate Bridge in San Francisco und der Aokigahara Forest in Japan liegen in dieser Statistik  vor The Gap. Jährlich sollen sich hier mindestens 50 Menschen das Leben nehmen. Mir läuft ein kalter Schauer den Rücken hinunter und mir wird weich in den Knien. Tatsächlich merke ich erst jetzt, dass die Klippen überall mit Zäunen abgesperrt sind und dass es überall Überwachungskameras gibt.

Um weiteres Unheil am The Gap zu verhindern, hat die Regierung gerade eine hohe Summe gesprochen, um Bewegungsmelder und andere Sicherheitsvorkehrungen zu installieren. Doch ich befürchte, dass sich jemand, der den Entschluss gefasst hat, seinem Leben ein Ende zu setzen, davon nicht abhalten lassen wird.

12 in 12 – Pfui Spinne?

Australien hat sie alle. So gut wie jedes gefährliche Tier kriecht oder läuft hier irgendwo rum, Toll. Das gilt ganz besonders für die lieben Spinnen. Ob Redback, Funnel Web oder Huntsman – Australien ist mit ihnen gesegnet – im Überfluss.

Spinnen waren noch nie meine Lieblingstiere. Ich kann mich gut daran erinnern, wie ich als Kind fast durchgedreht bin, wenn sich eine der riesigen schwarzen Hausspinnen bei mir im Zimmer verkrochen hatte und ich nicht genau wusste, wo sie war. Über die Jahre habe ich meine Abneigung allerdings etwas abgelegt. Spinnen sind ja auch nur Tiere.

Als ich in Syndey das Plakat für die Ausstellung: “Spiders, Alive and Deadly” im Australia Museum sah, wusste ich, dass ich da hin musste. 400 gefährliche Spinnen auf einem Haufen und zwar lebendig. Da kann einem schon mal etwas mulmig zu Mute werden.

Tatsächlich läuft einem ein kalter Schauer den Rücken herunter, wenn einem die Huntsman-Spinne, die einer Vogelspinne ähnlich sieht und bis zu 30 Zentimeter Spannweite haben kann, sozusagen auf der Nase herumtanzt, einen ansieht und sagt: Du bis machtlos gegen mich… Die Funnel Web hingegen, die wohl die gefährlichste aller Spinne, sieht gar nicht so übel aus. Doch mit ihr ist nicht zu Spassen.

Ich bin beeindruckt, wie spielerisch die australischen Kinder in der Ausstellung mit den “Creepy Crawlies” umgehen. Kein Wunder, sie sind ja mit den Tieren aufgewachsen. “Look daddy, a Huntsman…just like at home”.  Die gefährlichsten Spinnen gibt es nämlich nicht etwa irgendwo im Outback, wo es niemanden schert, sondern in Sydney und Melbourne. Mitten in der Stadt.  Spinnen mögen die Nähe der Menschen und halten sich, warum auch immer gerne in Schuppen und Lagerhallen auf. Sie springen, hüpfen, rennen und beissen.

Der Höhepunkte der Ausstellung ist neben dem Giftmelken durch einen Wissenschafltler der Spinnentunnel, in dem man von hunderten von Spinnen umzingelt ist. Hoffentlich fällt mir da keine auf den Kopf.  Nichts für schwache Nerven.

Auf dem Weg zum Bus nach der Ausstellung quer durch den botanischen Garten bin ich besonders aufmerksam, wenn ich zwischen den Sträuchern hindurch husche. Mein Gott, da gibt es ja Spinnen und Spinnennetze en masse. Hunderte…Krasse Sache.

Keine Ahnung, ob die Dinger giftig sind, doch eine Mischung aus Faszination, Bewunderung, Respekt und etwas Angst mischt sich im Blut, als ich mit meiner Kamera so nahe wie möglich an die Spinnen rangehe.

Redback, Funnel Web, Wolf Spider, Huntsman, sie alle sind durchaus  gefährlich – auch für den Menschen. Doch wie so oft zeigt die Statistik, dass all die Angst und Räubergeschichten extrem übertrieben sind.

Im April ist an der Ostküste Australiens tatsächlich jemand wegen dem Biss einer Red Back Spider gestorben. Es war der erste tödliche Spinnenbiss seit 37 Jahren.