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12 in 12 – Städterating Berlin

Der letzte Eintrag aus Berlin. Der Moment, die Stadt zu bewerten ist gekommen.

Ein Monat ist nicht viel Zeit, doch genug, um einen Eindruck zu gewinnen, wie eine Stadt tickt. Deshalb haben wir ein Städterating erarbeitet, das sich von den gängigen Modellen der Mercers dieser Welt unterscheidet. Wir achten weniger auf das Bildungssystem, das politische Umfeld und das Gesundheitssystem, sondern mehr auf Faktoren, die eine Stadt einzigartig machen. Das Rating in neun Kategorien geht von 1 (schlecht) bis 10 (grandios) und spiegelt unser rein subjektives Empfinden:

Die Leute: 6

Der Berliner und seine Berliner Schnauze können manchmal etwas ruppig sein. Doch insgesamt habe ich mich hier schon recht zu Hause gefühlt und es ist schön, hier die eigene Sprache benutzen zu können. Hat Spass gemacht, mit den Berlinern zu “schnauzen”.

Kulturelles Angebot: 10

Hier ist immer was los. Ein Dutzend Weltklassetheater, eine vibrierende Musikszene, internationale Stars en Masse, Underground Kunst und Performances in alten Fabrikgebäuden, besetzten Häusern aber auch in Luxustempeln – jeder kommt hier auf seine Kosten.

Food: 8

Hier gibt es alles und zwar auf Top-Niveau. Dazu kommen deutsche und türkische Spezialitäten à discretion…und zwar nicht nur Kebap und Currywurst. In Berlin gibt es kulinarisch an jeder Ecke was zu entdecken. Überall neue Konzepte. Dass die Note nicht noch höher ist, liegt daran, dass andere Städte wie zum Beispiel Los Angeles noch einen Schritt schneller sind.

Preisniveau: 8

Es ist unglaublich, wie preiswert Berlin ist. Die Hauptstadt eines der reichsten Länder der Wet und so günstig wie manch eine Großstadt in einem Entwicklungsland. Das macht den grossen Unterschied zu Städten wie New York oder Paris aus. Weltklasse auch bei den Preisen.

Öffentlicher Verkehr: 8

Zwar ist alles nicht mehr ganz neu aber das macht gar nichts. Die U-Bahn und die Busse funktionieren klasse, der Verkehr insgesamt hält sich in Grenzen und pünktlich ist sowieso alles. Ein leicht besseres Fahrradsytem wäre wünschenswert.

Wetter/Klima: 5

Wir hatten etwas Pech mit dem Wetter. Richtiger Sommer war das nicht. Doch damit muss man in Berlin rechnen. Der Winter kann kühl werden und der Sommer ist unberechenbar. Doch in einer Stadt wie Berlin ist das nicht so wichtig.

Sicherheit: 8

Wir wohnten im berüchtigten Kreuzberg und fühlten uns immer sicher. Es braucht ein paar Tage, bis man sich an das Wirrwarr der Charakteren gewöhnt. Doch sicher ist man hier auf jeden Fall.

Fun/Feel Good Factor: 8 

Berlin ist eine dieser Städte, wo man einfach loslaufen und ne gute Zeit haben kann. Das macht Spass.

Coolness/Kreativität: 10

Hier haben die Coolen und Kreativen Europas ein neues zu Hause gefunden. In Berlin ist noch alles möglich und das spürt man. Inspiration und Faszination an jeder Ecke; man muss nur etwas die Augen öffnen und an den unendlichen Spätkaufs und Kebapbuden vorbeischauen.

Gesamtergebnis: 71 Punkte – DER SPITZENPLATZ

Damit werden Los Angeles und Tokio auf den zweiten Platz verwiesen.

12 in 12 – Berlin – Ein kleiner Reiseführer

„DU BIST VERRÜCKT MEIN KIND, DU MUSST NACH BERLIN.“
sagte der österreichische Dichter und Komponist Franz von Suppé schon im 19. Jahrhundert und das gilt noch immer. Bist du auch verrückt? Dann muss du auch nach Berlin. Hier sind ein paar Tipps:

Markthalle Neun

Ja, ich weiss, die Markthalle Neun steht in jedem Trendführer. Doch das hat seinen guten Grund. Hier gibt es den besten Street Food in Berlin und dazu noch tolle Marktstände. Die Focaccia von Sironi, das BBQ von Big Stuff Smoked BBQ, das frisch gebraute Bier von Heidenpeters, die immer wechselnden Gerichte von Bone und die deutschen Spezialitäten des Weltrestaurant Markthalle. Alles ist absolute Perfektion. Kleiner Tipp: Kommt nicht am Donnerstag Abend, wenn hier die Party steigt, denn da bricht die Halle aus allen Nähten.

Spindler

Hier geht ihr nur zum Brunch hin. Direkt am Paul-Linke-Ufer in Kreuzberg könnt ihr bei Spindler  wunderschön draussen sitzen. Doch der Hauptgrund, warum ihr hier seid, ist der Blueberry Pancake. Ja, ihr habt richtig gehört, ein Pancake American style. Best ever sag ich da nur.

T’unas Gemüsekebap

Gemüsekebap ist der König von Berlin. Die Meisten gehen zu Mustafa’s am Mehringdamm . Der schmeckt zwar auch super, doch wer will schon eine Stunde Schlange stehen. T’unas Gemüsekebap ist mindestens so gut und man kriegt ihn ohne Anstehen gleich beim Schlesischen Tor. Gemüse ist übrigens nicht wirklich viel drin in dem Kebap. Doch die Gewürzmischung, das Hühnchen, das frische Brot und die Saucen sind einmalig – und das alles für 3.20 Euro.

Der Hahn ist Tot!

Hier wird mit Liebe gekocht. Das Menu für unter 30 Euro ist ein genialer Deal. Gute Stimmung ist garantiert. Alles regional und einfach nur Wohlfühlfood – das ist Der Hahn ist Tot!

Burgermeister

Der Klassiker unter den Berliner Burger-Schuppen. Burgermeister ist der einzige Burgerladen, der es mit IN N OUT aufnehmen kann. Die Lage könnte nicht cooler sein. In einer alten Toilette am Schlesischen Tor. Ich empfehle den Hausmeister.

Concierge Coffee

Den wohl besten Espresso der Stadt gibt es bei Concierge Coffee. Fast etwas dickflüssig und mit der sauren Note, die guten Espresso ausmacht. WOW.

Dazu noch

Es gibt zu viel entdecken in Berlin. Deshalb noch ein paar Namen, die ihr dann googeln müsst:  La Lucha (Mexikanisch mit Twist), Cocolo Ramen (Erstklassiger Ramen in Mitte und Kreuzberg), Zola (Pizza Napoli Style), Geist im Glas (Huevos Rancheros), 3 Schwestern (schönste Terrasse  und leckere Käsespätzle)

12 in 12 – Warum in Berlin gejubelt wird

Es ist Freitag Abend  kurz vor zehn. Ich fahre auf meinem silbernen 80er Jahre Rennrad der Marke “Motobecane” vom Schlesischen Tor Richtung Lausitzer Platz, als ein ohrenbetäubendes Geschrei losbricht. Was ist da bloss los? Streitet sich da jemand, gibt es eine Prügelei, wird demonstriert oder ist es ein freudiges Ereignis? Ein Polterabend, eine grosse Party, gibt es was umsonst?

Ich halte an und schaue mich um. Woher kommen die Stimmen? Es ist definitiv kein Streit, sondern ein ausgelassenes Rufen, Schreien und Grölen, wie ich es nur vom Fussball  kenne. Doch im Moment ist Sommerpause. Da kann eskaum ein Fussballspiel sein; oder jubeln die Berliner der deutschen Frauennationalmannschaft an der EM oder der Hertha im Freundschaftsspiel gegen Liverpool zu?

Ich sehe eine Menschentraube vor einer Bar. Ich schliesse mein Fahrrad ab und gehe auf das Oberbaumeck an der Bevernstrasse zu. Die Bar ist gerammelt voll. Auf zwei Grossbildschrimen läuft tatsächlich Fussball. weitere dreissig bis vierzig Typen, die drinnen keinen Platz mehr haben, stehen mit einer Flasche Bier draussen und starren durch das Fenster des Oberbaumecks gebannt auf die Mattscheibe. WM-Feeling pur. Jetzt will ich aberendlich  wissen, was hier gespielt wird, bzw. wer hier spielt.

VfL Bochum – St. Pauli 0:1 – steht oben links auf dem Screen. Was? 2. Bundesliga? St. Pauli in Berlin? Ich traue meinen Augen nicht. Doch es ist tatsächlich so. In Kreuzberg gibt es für die Meisten nur einen Verein und der ist nicht etwa die Hertha aus Berlin und auch nicht der 1.FC Union, sondern St. Pauli aus Hamburg. Der Verein, der durch seine Authentizität und richtigen handgemachten Fussball ohne Grossinvestoren glänzt, ist für viele Kreuzberger das einzige, was zählt. Hamburg als Stadt können sie zwar nicht riechen, aber St. Pauli, das ist Herzenssache.

“Der Buchmann hat ne unglaubliche Kiste reingeballert” sagt der Typ neben mir. “Das war so geil” meint sein Kumpel. Wenn St. Pauli spielt, dann ist in Kreuzberg Ausnahmezustand. Ich kann es kaum fassen. Es sind 75 Minuten gespielt und St. Pauli führt noch immer 1:0 und das Auswärts. Ich schwinge mich wieder auf mein Motobecane und radle Richtung Wohnung.

An unserer Hausecke komme ich an der “Weissen Taube”, eine Bar oder treffender eine Kneipe, die in Kreuzberg zum Inventar gehört, vorbei. In der Weissen Tauber läuft meistens  Heavy Metal, haben Hipster Hausverbot und sowohl Fipperkasten als auch Kicker haben Hochkonjunktur. Wenn Fussball läuft, dann gilt in der Weissen Taube: 10 Cent Getränkezuschlag und Kaffee kriegt man dann ganz bestimmt keinen – das geht zu lange sagt der Barkeeper. Auch in der Weissen Taube gibt es heute nur ein Thema. Das Spiel St. Pauli gegen Bochum. Es läuft die 84. Spielminute. Die Paulianer verteidigen mit Mann und Maus. Ein Raunen geht durch die Menge, als Hornschuh noch gerade so mit dem Kopf klären kann.

Schlusspfiff. Das Spiel ist aus, St. Pauli gewinnt und ist der erste Tabellenführer der gerade angepfiffenen Zweitligasaison. Berlin hat einen Grund zum Feiern. Der Barkeeper kann sich vor Bestellungen kaum retten. Ohne den Getränkezuschlag kostet das Bier jetzt nur noch 2.20 Euro. Hummel Hummel…Mors Mors.

 

12 in 12 – Das Todesdreieck von Sachsenhausen

Ein halbe Stunde nördlich von Berlin liegt die Kleinstadt Oranienburg. Vom Bahnhof aus laufe ich zwanzig Minuten durch typisch deutsche Siedlungen und Einfamilienhäuser. Hier scheint die kleinbürgerliche Welt noch in Ordnung zu sein.Die Hecken sind fein säuberlich geschnitten, die Vorhänge gut zugezogen und die Autos fisch gewaschen. Dann eine grosse Betonmauer. “Gedenkstätte Sachsenhausen” steht da drauf.

Hier war das Konzentrationslager Sachsenhausen. Das Kontentrationslager aller Konzentrationslager. Hier befand sich die Schaltzentrale, die über alle Konzentrationslager des Deutschen Reichs bestimmte und sich all die unvorstellbaren Grausamkeiten und Gräueltaten ausdachte, die in Auschwitz, Buechenwald, Dachau und den anderen Lagern ausgeführt wurden. Insgesamt wurden im Holocaust über 5 Millionen jüdische Menschen ermordet.

Mir fehlen die Worte, um zu beschreiben, wie ich mich hier fühle, als ich durch das Eingangstor mit der Aufschrift “ARBEIT MACHT FREI” gehe. Es ist surreal und doch so wirklich. 200’000 Gefangene waren in Sachsenhausen. Viele haben das nicht überlebt und wer hier lebend rausgekommen ist, der hat das sein Leben lang nicht vergessen.

Das Häftlingslager wurde in Form eines gleichschenkligen Dreiecks angelegt. Alle Gebäude waren symmetrisch um die Mittelachse gruppiert und auf den Turm A, den Sitz der SS-Lagerleitung ausgerichtet. “Geometrie des Terrors” nannte man diese Anordnung. Grausam.

1939 wurde das erste lagereigene Krematorium errichtet. 1942 folgte mit vier Verbrennungsöfen, Leichenhalle, Genickschussanlage und ab 1943 auch mit einer als Bad getarnten Gaskammer.

Die SS hielt den Terror bis Kriegsende aufrecht. Mehr als 30 000 Häftlinge wurden am 21. April 1945 auf Todesmärsche Richtung Nordwesten getrieben.

Wie schlimm es wirklich war kann man heute nur noch erahnen. Doch so richtig vorstellen kann ich es mir nicht. Zu sauber ist es hier mittlerweile. Ein wenig Licht ins Dunkel bringt ein Zitat des evangelischen Pfarrers Martin Niemöller, der als persönlicher Gefangener des Führers in Sachsenhausen festgehalten wurde. Auf die Frage, ob es denn wirklich so schlimm war antwortete er: “Nein, es war noch tausend mal schlimmer.”

Ich weiss, dass es nicht unbedingt der ideale Wochenendausflug ist, mal so zur Erholung ins KZ zu gehen. Doch ab und zu sollte man auch mal was machen, das unangenehm ist und einen noch Tage und Wochen danach beschäftigt. Denn bei allem Guten im Menschen ist es wichtig, immer daran zu denken, dass es auch anders sein kann und dass jeder einzelne von uns das seine dazu beitragen sollte, dass sowas nicht wieder passiert.

 

 

12 in 12 – Wir lassen uns das nicht länger gefallen

Wir wohnen mitten in Kreuzberg und zwar Kreuzberg 36, dem wohl verrufensten und gleichzeitig angesagtesten Kiez in ganz Deutschland. Hier gibt es die kreativsten Restaurants und coolsten Läden der Stadt, gleichzeitig aber auch Bewohner, die sich nichts gefallen lassen und für ihr Recht kämpfen.

Randgruppen aller Art sind hier zu Hause. Demonstriert wird gegen Alles und Jedes und das mit vollem Einsatz. Als hier in der Nähe vor rund einer Woche der Kiezladen Friedel 54 von 500 Polizisten gestürmt wurde, war aber auch für die bis zuletzt ausharrenden Ladenbsitzer (oder waren es Besetzer?) nicht mehr viel auszurichten. Die Räumung war gesetzlich beschlossen und das war (zumindest vorerst) das Ende des Kiezladens.

Wie der Mix aus Interessen, Rassen und Meinungen in Kreuzberg entstanden ist, darauf gehe ich ein anderes Mal ein. Doch auf jeden Fall ist Kreuzberg ein einmaliges Quartier. Hipster und Hippies, Türken und Deutsche, Linke und Konservative, LGBT und Macker – alle leben hier Tür an Tür.

Leben und leben lassen ist das Motto in Kreuzberg. Das ist erfrischend und das habe ich in diesem Ausmass noch nirgends so gesehen. Den schlechten Ruf der ewig angetrunkenen Randalemacher hat Kreuzberg nicht verdient, auch wenn hier und da mal etwas über die Stränge geschlagen wird.

30 Jahre ist es her, seit die Randale am 1. Mai ausser Kontrolle geraten war. Damals hatten sich am Lausitzer Platz linke Autonome spontan versammelt und es kam zu blutigen Strassenschlachten gegen die Polizei – eine der härtesten in der Geschichte Deutschlands. 36 geplünderte Geschäfte, 35 Brände, Hunderte Verletzte.

Seither ist es verhältnismässig ruhig geworden am 1. Mai. Dazu hat auch das friedliche “Mayfest as Myfest”, organisiert von Friedensstiftern aus dem Kiez, von Geschäftsleuten und Bürgerinitiativen, beigetragen.

Ehrlich gesagt bin ich dennoch froh, dass wir am 1. Mai nicht hier waren, auch wenn das alles dies Mal äusserst friedlich verlaufen sein soll. Man soll das Schicksal ja auch nicht herausfordern.

12 in 12 – Paris – Ein kleiner Reiseführer

Da stehe ich auf der Brücke und bin wieder mitten in Paris, in unserer aller Heimat. Da fliesst das Wasser, da liegst du, und ich werfe mein Herz in den Fluss und tauche in dich ein und liebe dich.

von Kurt Tucholsky

In diesem Sinne meine besten Tipps, um in Paris dieses Gefühl zu erleben. Wie geht das besser, als durch den Magen? Deshalb hier die besten Restaurants:

Abri

Es ist kein Zufall, dass mein Lieblingsrestaurant in der Kategorie “Hohe Schule des Kochens” von einem Japaner geführt wird. Katsuaki Okiyama hat schon bei vielen Starköchen gekocht, doch er wollte sein eigenes Restaurant. Mit nicht einmal 20 Plätzen ist Abri das kleinste Fine Dining Restaurant, das ich kenne. Mit 49 Euro für sechs Gänge das wohl beste Preis-Leistungs-Verhältnis zum Dinner in Paris. Wer weniger ausgeben will, der kommt Mittags oder Samstags (Sandwich->Menu am Mittag). Hier wird japanische Technik mit französischer Inspiration gepaart. Alles ist perfekt und das Schokoladendessert wohl das Beste aller Zeiten. Michelin-Sterne sind programmiert. Unbedingt reservieren!!!

 

Le Nemrod

Le Nemrod ist das Pariser Bistro wie man es sich erträumt. Jeden Tag geöffnet von früh am Morgen bis 1 Uhr Nachts, mit allen französischen Gerichten, die ihr euch wünschen könnt, von der Tartine über den Croque Madame auf dem Brot der Bäckerei Poilâne bis hin zum Entrecôte mit Sauce Bérnaise. Und natürlich den Spritz Royale nicht vergessen… Es gibt nichts Schöneres, als hier zu sitzen und die Welt des 6eme an sich vorbeiwandern zu lassen. Das Bistro ist immer gut gefüllt, doch es irgendwo ist immer noch ein kleines Plätzchen frei für dich.

Le Timbre

Der Name kommt nicht von ungefähr. Das Restaurant Le Timbre mit seinen 22 Gedecken ist nicht viel grösser als eine Briefmarke. Bistro mit Twist ist das Konzept. An der Wand hängt ein Jugendbildnis von Marco-Pierre-White, für den der Chef in Australien lange gekocht hat. Doch jetzt ist er hier und kocht richtig französisch. Wie mich das freut.

Auf jeden Fall reservieren, denn jeder, der hier sonst einfach so reinkommt – und das sind Einige – kann gleich wieder gehen. Alles ist bis auf den letzten Platz ausgebucht.

Miznon

Wer keine Lust hat, lange zu warten und Hunger hat und zwar jetzt gleich, der sollte zu Miznon gehen. Food direkt aus Tel Aviv. Der gebackene Blumenkohl ist eine Freude und die gefüllten Brottaschen, alles Abwandlungen von Shawarma mit einem gastronomischen Twist, sind sowas von mhhhhhhh. Bestellt bei Miznon nicht zu viel, denn ihr könnt Tahini und andere Leckereien ä discretion umsonst noch mit draufladen.

Le Relais de L’Entrecôte

Ja, für einige Pariser mag das eine Touristenfalle sein. Doch dem widerspreche ich energisch. Wer das perfekte Entrecôte haben will, der geht zu Le Relais de L’Entrecôte. Bestellen braucht man hier nicht, denn es gibt nur ein einziges Gericht. Kaum sitzt man, steht der Vorspeisesalat schon auf dem Tisch, Das Geheimnis? Die grüne Sauce. Ich glaube, es ist eine Art Pfeffersauce, doch alles ist ein Geheimnis. Falls ihr das Geheimnis lüftet, bitte an mich weitergeben. Ach ja, vergesst den Nachtisch nicht.

12 in 12 – Let them eat cake!

Kuchen oder Brot? Egal. Das meinte schon Marie Antoinette, die Frau von Louis XVI. Sie wurde durch das Zitat: “Wenn sie kein Brot haben, dann sollen sie eben Kuchen essen” berühm und berüchtigt. Dass sie das nie gesagt hat, interessiert heute nur noch die Geschichtsforscher. Erstens heisst es im Original aus Les Confessions von Jean-Jaques Rousseau; “Dann sollen sie Brioche essen” und nicht wie immer wieder falsch übersetzt wird “Kuchen”, und zweitens schrieb Rousseau das Zitat lediglich einer grossen Prinzessin und nicht Marie Antoinette  zu. Marie Antoinette war zur Zeit der Veröffentlichung von Les Confessions erst zehn Jahre alt und noch keine grosse Prinzessin.

Soviel zur Historie. Keine Frage. Ich habe eine Schwäche für gute Backwaren und himmlische Patisserie. Genauso wie ich die Italiener nicht ausstehen kann, die behaupten, dass guter Kaffee nur in Italien serviert wird, kann ich aber auch die Franzosen nicht riechen, die ein Eclair nur dann überhaupt probieren, wenn es in Frankreich hergestellt wurde oder wenn der Bäcker immerhin Franzose ist.

Ich bin der Meinung, dass sich in jeder Grossstadt Patisserien finden lassen, die genauso gute Süssigkeiten herstellen, wir die Franzosen. Doch eines muss ich den Franzosen lassen. Während ich in allen anderen Städten zuerst mal drei Nieten ziehe, bis ich die richtige Bäckerei ider Konditorei  gefunden habe, gibt es in Paris Boulangerien und Patisserien en masse. Oft sind es zwei bis drei oder gar vier im gleichen Strassenzug innerhalb von 100 Metern – eine  meist besser als die andere.

Kleiner Einschub, um Verwirrung zu vermeiden: Eine Boulangerie ist übrigens auf Brot und einfaches Gebäck spezialisiert. Manchmal bietet die Boulangerie  auch Sachen wie Millefeuille, Eclairs und Früchtetörtchen an. Doch die sind oft eher zweitklassig. Auch Sandwiches und Getränke sind beim Boulanger im Angebot.Eine Patisserie ist auf gut  Deutsch eine Konditorei und ist somit ausschliesslich auf Feingebäck spezialisiert. Ihr wisst schon, was ich damit meine.

Hier sind meine Favoriten, in Paris aus der Welt der Patisserien unterteilt nach ihren Spezialitäten:

Eclair

Eigentlich mag ich keine Eclairs. Wenn bei uns an der Kuchentheke nur noch das Eclair übrig war, dann bin ich jeweils wieder aus dem Laden gelaufen. Doch seit ich weiss, wie ein richtiges Schokoladen-Eclair schmecken muss, liebe ich die Dinger. Das Beste gibt es im Stohrer, der ältesten Patisserie von Paris (seit 1730 im Geschäft). Lasst Euch nicht davon täuschen dass hier auch  Touristen ein- und ausgehen. Die Eclairs sind grandios.

Lemon Meringue

Das beste Lemon Meringue gibt es bei Karamel. Der Bäcker macht alles in Perfektion und hat so gut wie alle Preise gewonnen, die man gewinnen kann. Während Lemon Meringue sonst schon mal zu süss sein kann, ist hier alles in Perfektion ausbalanciert. I want one!!!

Saint-Honoré

Die etwas abgewandelte Version des französischen Klassiker macht Pain Pain so wie kein Anderer. Lecker.

Millefeuille

Ein Millefeuille hat aber sowas von gar nichts mit einer Kremeschnitte zu tun. Der Teig ist so richtig erdig und nicht fast roh und die Vanillecreme ist komplex und nicht einfach Pudding. Carl Marletti kann das am besten.

Schokolade

Alain Ducasse ist für viele der beste Koch der Welt. In Paris stellt er in einem kleinen Laden (es gibt drei Filialen) Schokolade her. Die Tafeln sind nicht ganz billig. Doch es lohnt sich. Ja, Lindt ist auch nicht schlecht. Doch das hier ist nochmals eine andere Dimension.

12 in 12 – Boule das war gestern

Es gibt wohl nichts Französischeres als Boule oder genauer gesagt Pétanque. Das Spiel mit den grossen Metallkugeln, die möglichst nahe an die kleine Holzkugel geworfen werden müssen, ist aus dem Stadtbild von Paris und ganz Frankreichs nicht wegzudenken. Das Kugelspiel ist für mich das Sinnbild französischer Geselligkeit.

Doch halt. Was spielen dann die Leute da im Jardin des Tuileries? Das ist kein Pétanque und auch sonst kein Kugelspiel. Das sind Spielhölzer mit Nummern drauf, die durch den Wurf eines Wurfholzes umgeworfen werden. Diese Beobachtung ist in Paris kein Einzelfall. Die Spielhölzer laufen Boule den Rang ab. Ich sehe sie überall. Ganz Frankreich scheint nur noch mit nummerierten Holzpflöcken zu spielen.

Das Spiel heisst Mölkky und kommt nicht etwa aus Frankreich, sondern aus Finnland! Wer zuerst exakt 50 Punkte erreicht, der hat gewonnen. Besonders die jungen Pariser fahren total auf Mölkky ab. Man könnte gar sagen, Mölkky ist der totale Hipstersport – doch das lasse ich mal. Mölkky gibt es seit 1996 und die Franzosen haben den Sport nicht nur ins Herz geschlossen, sondern fast schon annektiert.  An den letzten Weltmeisterschaften haben sie denn auch prompt den Meistertitel geholt.

Mölkky macht total Spass. Es ist etwas Glück dabei aber auch eine grosse Portion Können. Versucht es doch mal. Eure nächste Sommerparty sollte auf jeden Fall nicht ohne Mölkky stattfinden. Besonders mit einer Flasche Rosé in der Hand trifft es sich ausgezeichnet. Mölkky-Fever in the House.

Hier noch die detaillierten Regeln:

Zu Beginn des Spiels werden die zwölf Spielhölzer einander berührend in Form eines stumpfen Dreiecks aufgestellt, das mit seiner „niedrigen“ Spitze zur Wurflinie zeigt.  Die Wurflinie ist drei bis vier Meter  von den vorderen Hölzern entfernt.

Nach jedem Wurf werden die Trefferpunkte nach folgendem Schema ermittelt, wobei als „gefallene Hölzer“ nur solche zählen, die nicht auf einem anderen oder dem Wurfholz aufliegen:

  • Fällt nur ein Holz, erhält der Spieler soviele Trefferpunkte, wie das jeweilige Holz repräsentiert (einen bis zwölf).
  • Fällt mehr als ein Holz, erhält der Spieler als Trefferpunkte die Anzahl der gefallenen Spielhölzer (zwei bis zwölf) – also unabhängig von den auf den Hölzern stehenden Zahlen.
  • Fällt kein Holz, erhält der Spieler null Punkte und den Vermerk eines Fehlwurfes. Als Fehlwurf zählt ebenfalls ein Übertreten der Wurflinie. Drei Fehlwürfe in Folge führen zum Ausscheiden des Spielers bis zum Spielende.

Die Trefferpunkte jedes Spielers werden zu seinem bisherigen Punktestand addiert. Erreicht ein Spieler dabei exakt fünfzig Punkte, gewinnt er, und das Spiel ist beendet. Übersteigt dagegen die Addition die 50-Punkte-Marke, so wird der Punktestand auf 25 zurückgesetzt und regulär weitergespielt.

 

12 in 12 – Alle Wege führen zum Étoile

Heute mach ich mal einen kleinen Quiz mit Euch. Jeder kennt bestimmt den Arc de Triomphe. Der Triumphbogen steht in Mitten des Place Charles-de-Gaulle oder des Étoile, wie ihn die Pariser nennen. Die Champs-Elisées kommt vom Place de la Concorde und führt sozusagen direkt durch den Bogen. Auf der anderen Seite des Bogens heisst sie dann übrigens Avenue de la Grande-Armée.

Doch wieviele Strassen bzw. Avenues gehen insgesamt vom Triumphbogen aus weg bzw. führen direkt zum Étoile? Was meint ihr? Eine Kreuzung bzw. ein Kreisel mit wie vielen Abzweigungen? Überlegt mal kurz.

Ihr wisst es nicht? Höchstens sieben? OK, dann will ich euch etwas auf die Sprünge helfen. Eine normale Kreuzung hat vier “Ausgänge”. Der Étoile ist keine normale Kreuzung, sondern ein riesiger Kreisel. Dann sagen wir doch mal, dass er neben den üblichen vier Ausgängen nochmals jeweils einen zwischendurch hat. Das wären dann acht Strassen, die vom Triumphbogen in alle Himmelsrichtungen weggehen.

Doch das reicht noch nicht.  Acht sind zu wenige. Dann nehmen wir auf jeder Seite nochmals eine weitere Abzweigung dazu und kommen auf zehn. Fast – aber noch nicht ganz. Insgesamt sind es 12 Wege, die zum Étoile führen. 12 Strassen bzw. 12 Avenues mit unterschiedlichen Namen.

Ich glaube nicht, dass es irgendwo noch eine verwirrendere Kreuzung gibt – die Grösste ist sie auf jeden Fall noch immer. Kleine Mutprobe gefällig? Fahrt mal mit dem Fahrrad um den Place Charles-de-Gaulle. Ihr seid echt gut, falls ihr es schon beim ersten Versuch in die richtige Avenue schafft.

12 in 12 – Macron und ich

Scharfschützen auf den Dächern, Secret Service  Agenten überall und ein ganzer Haufen geladene Gäste aus der Pariser High Society. Ich stehe mitten im Innenhof des Elysée Palastes und wundere mich, wie ich nur hierher gekommen bin.

Im Prinzip wollte ich mir ja nur kurz von aussen anschauen, wie der französische Präsident Emmanuel Macron und seine Gattin Brigitte  an der  Rue du Faubourg Saint-Honoré im Elysée-Palast wohnen. Schon nur vor die Tore des Palastes zu kommen, ist ein Spiessrutenlauf um unzählige Sicherheitsschranken und Absperrungen. Immer wieder muss ich meine Einkaufstüte vorzeigen und werde von bewaffneten Polizisten  kontrolliert.

Doch dann stehe ich plötzlich und unverhofft auf der gegenüberliegenden Strassenseite der Residenz. Rüber kann ich nicht. Dafür sorgen weitere Absperrungen und zwei Polizisten. Na, macht ja auch nichts. Ist ja von hier aus schon sehr beeindruckend. Schnell ein Photo gemacht und dann weiter. Aus der Gegenrichtung kommt eine Schulklasse, die direkt auf den Polizisten zusteuert. Der öffnet die Absperrung. Die Klasse geht durch. Ich werfe dem Polizisten einen erstaunten Blick zu. “Allez-y” sagt der und winkt mich durch.

Was war das denn? Plötzlich stehe ich vor dem grossen Tor des Palastes. Eine weitere Sicherheitskontrolle steht mir bevor. Ich habe weder eine Einladung, noch sonst was. Wenigstens habe ich meine Identitätskarte dabei. Jetzt komme ich dran. Keinen Ausweis wollen die bis an die Zähne bewaffneten Polizisten sehen. Nur meine Flasche Wasser schauen sie interessiert an und werfen sie in ein Testgerät. Keine Bombe. Glück gehabt. “Guten Abend und viel Spass” sagt der Gendarme und drin bin ich.

Im Innenhof spielt ein Orchester. Dutzende von Fernsehkamera sind aufgestellt. Die Stimmung ist festlich. Ich habe keine Ahnung, was hier vor sich geht. Mittlerweile stehe ich direkt vor dem Eingang des Palsates. Überall Secret Service Agenten. Auf den Dächern des gegenüber liegenden Hauses kann ich Scharfschützen sehen. Was wird denn hier gespielt?

Kommt etwa Emmanuel Macron bald höchstpersönlich aus dem Haus? Kann doch nicht sein. Mal abwarten. Ich komme mir vor, wie in einem James-Bond-Film. Inmitten der Pariser Elite stehe ich und das in einem weissen T-Shirt, kurzer Hose und Sandalen. Wie schräg. Gleich tritt ein kolumbianisches Jugendorchester auf. Sollte hier etwa der kolumbianische Präsident zum Staatsbesuch erwartet werden?

“Da ist Brigitte” schreit die Dame neben mir ganz entzückt. Tatsächlich. Brigitte Macron, die Gattin des Präsidenten, die nicht zuletzt wegen ihres grossen Altersunterschieds zu ihrem Emmanuel in aller Munde ist, steht in einem schwarzen Kleid vor dem Eingang des Elysée. Sie begrüsst die Gäste und steht einen halben Meter vor mir. Jetzt kommt auch Emmanuel. Die grosse neue Hoffnung Europas sieht unglaublich jung aus. Fast wie ein kleiner Schuljunge. Doch genau das macht ihn wohl so sympathisch.

Seine Frau und er gehen zum Eingang des Palastes und holen Juan Manuel Santos, den kolumbianischen Präsidenten und Friedensnobelpreisträger samt  Gattin  ab. Sie hören sich das Orchester an, schwatzen, bleiben stehen, reden mit den Gästen und das alles bei 36 Grad im Schatten. Brigitte und Emmanuel sind ein schönes Paar. Frankreich kann sich glücklich schätzen. Ich finde es toll, dass sie 24 Jahre älter ist als er. Die Frau an seiner Seite verleiht dem jugendlich wirkenden Politiker Macron die Reife und Erfahrung, die ihm fehlt. Gleichzeitig lässt sie den ewigen Musterschüler wie einen Rebellen wirken, der keine Angst hat, Konventionen zu brechen. Bravo.

Doch halt, ich schweife ab. Die Ehrengäste sind mittlerweile auch da. Die Sicherheitsagenten in ihren grauen Anzügen schwitzen, was das Zeug hält. Das Bankett ist angerichtet. Brigitte schüttelt Hände und streckt ihre Hand auch in meine Richtung. “Bonsoir” sage ich und sowas wie “bien fait” oder so. Keine Ahnung mehr, ehrlich gesagt. Dann ist der Spuk vorbei. Ich trete wieder auf die Strasse und kann immer noch nicht fassen, was gerade passiert ist.

Ein ganz gewöhnlicher Tag in Paris.